-----ursprünglich erschienen auf spacebeyondreality.de------
Heute möchte ich Euch FU vorstellen, ein einfaches Rollenspiel von Nathan Russell. Ich bin ja ein großer Freund von kleinen, feinen Systemen, die sich schnell spielen lassen.
FU beschreibt sich selbst als ein Spiel für Action, Spaß und Abenteuer. Es ist generisch und soll möglichst einfach zu spielen sein. Es ist ein freies System, allerdings liegt das Urheberrecht komplett beim Autor. Hacks und Mods sind jedoch willkommen. Der Autor selbst hat einen Matrix-Hack und einen Star-Wars-Hack bereitgestellt. Das Spiel bietet ehen narrativen Ansatz.
Präsentation
Das Buch ist kostenlos als 23-seitiges PDF erhältlich. Das Layout ist ansprechend. Leider ist teilweise die Schrift ein wenig klein, aber dank Zoom sollte dies keine Hürde sein. Der Regelteil passt auf schlanke 14 Seiten. In dem Werk enthalten ist ein Beispielabenteuer mit vorgefertigten Charakteren.
Charaktererschaffung
Die Charaktererstellung geht in 6 Schritten vor sich. Zuerst überlegt man sich ein Konzept, z.B. "Paranormaler Detektiv". Archetypen und Clichés sind gute Anhaltspunkte. Danach bekommt jeder Charakter vier Beschreibungen (im Englischen "Descriptors"), unterteilt nach Körper, Geist, Gabe und Makel. Die Beschreibungen sollen kurz und knackig sein, z.B. Körper: stark.
Jeder Charakter erhält zudem zwei Teile Ausrüstung, welche Boni beim Würfelwurf geben.
Man soll zudem seinen Charakter beschreiben (Aussehen, Hintergrund etc.) und ihm Antrieb ("Drives") und Beziehungen ("Relationships") geben.
Diese Art der Charaktererstellung bietet den Vorteil, dass man einen guten Überblick über seinen Charakter hat; Stärken und Schwächen, Hintergrund etc.
Gewisse Ähnlichkeiten mit z.B. FATE lassen sich hier erkennen. Russell hat eine optionale Regel zur Verfügung gestellt, bei der die Descriptors wie Fate-Aspekte beschrieben werden, also anstatt Körper: stark dann Körper: der stärkste Mann der Welt.
System
Mechanik
Die Mechanik beruht auf einem Würfelpool-System mit sechsseitigen Würfeln und nennt sich "Beat the odds". Man stellt seinen Pool aus einem Standardwürfel und eventuellen Bonus- und Maluswürfeln zusammen und nimmt dann den besten Wurf (bei Bonuswürfeln) oder den schlechtesten Wurf (bei Maluswürfeln). Wenn ein Charakter agiert und das Resultat nicht absolut offensichtlich ist, erfolgt ein Wurf.
Mögliche Ergebnisse:
6 Yes, and... You get what you want, and something else. (Ja, und... du erreichst, was du willst und noch etwas dazu.)
4 Yes... You get what you want. (Ja,... du erreichst, was du willst.)
2 Yes, but... You get what you want, but at a cost. (Ja, aber... du erreichst, was du willst, aber es kostet dich etwas.)
5 No, but... You don’t get what you want, but it’s not a total loss. (Nein, aber... du erreichst nicht was du willst, aber es ist nicht ein totaler Verlust.)
3 No... You don’t get what you were after. (Nein,... du erreichst nicht, was du willst.)
1 No, and... You don’t get what you want, and things get worse. (Nein, und... du erreichst nicht, was du willst und es wird noch schlimmer.)
Wenn ein "... und" oder "... aber"-Ergebnis erfolgt, hat der Spielleiter die Möglichkeit, Details oder Konditionen einzuführen. Konditionen sind körperliche, geistige oder soziale Effekt wie wütend oder bewusstlos. Details sind Teile der Spielumgebung, die sich ändern, z.B. wenn ein Vorhang Feuer fängt.
Modifikationen
Jeder/s Descriptor, Ausrüstungsgegenstand, Detail oder Kondition, der einem Spieler einen Vorteil gewährt, gibt einen Bonuswürfel. Wenn ich versuche, eine Tür aufzustemmen, kann mir mein starker Körper dabei helfen. Ich nehme dann zwei Würfel und darf das beste Ergebnis behalten. Wenn ich aufgrund meiner Descriptors, Ausrüstung, Konditionen oder der Umgebung Maluswürfel erhalte, muss ich das schlechteste Ergebnis behalten.
FU Points
FU Points sind Bonuspunkte, von denen jeder Charakter am Anfang zwei Stück erhält. Diese erlauben es, einen Wurf zu wiederholen oder einen Bonuswürfel zu erhalten. FU Points sind im Prinzip wie Bennies bei Savage Worlds oder Fate Points.
Gutes und Schlechtes
Das Rollenspielsystem ist schlicht und einfach zu erlernen. Es erfordert so gut wie keine Buchhaltung, da es keine Lebenspunkte, Wunden etc. gibt. Auf der anderen Seite ist jede (Kampf-)Situation stark vom Fokus abhängig. Es ist legitim, einen Kampf entweder detailliert zu gestalten ("Kann ich Bösewichts Attacke ausweichen? Schaffe ich es, Bösewicht mit meinem Gewehr zu treffen?") oder mit einem Würfelwurf abzuhandeln ("Besiege ich Bösewicht?"). Dies erfordert vom Spielleiter, dass er die Spieler geschickt in das an sich einfache Regelsystem einführt und Spieler, die das System nicht austricksen wollen.
Harte Regeln für das Ausscheiden eines Charakters aus dem Kampf fehlen, hier wird an die Spieler und den Spielleiter appelliert. Das kann funktionieren, muss aber nicht.
Des Weiteren ist man sehr von der Wahl seiner Descriptors abhängig. Sind diese breit gestreut, sind die Charaktere sehr kompetent und ein Fehlschlag kommt nicht häufig vor. Falls jedoch die Descriptors unglücklich gewählt wurden, kann das Ganze wiederum in eine Abwärtsspirale führen. Kurzum: ein "Sicherheitsnetz" durch eine zusätzliche Spielmechanik wie Fertigkeiten, Stunts o.ä. fehlt hier.
Als Spielleiter muss man sich bei FU daran gewöhnen, nicht selbst zu würfeln. Mir kommt das entgegen, da ich mich dann darauf konzentrieren kann, die Szenerie zu gestalten, NPCs zu verkörpern oder mir Gedanken über die nächste Szene zu machen. Ich weiß allerdings, dass dies nicht jedermanns Sache ist.
Fazit
FU hält, was es verspricht: Es handelt sich um ein schlankes, einfach zu erlerndes Regelsystem. Es ist ein abstraktes Spiel (keine Lebenspunkte, Rüstungswerte, Initiativereihenfolge etc.), welches kaum Vorbereitung benötigt und für ein "Schnelles-Spiel-für-zwischendurch" gut geeignet ist. Grundsätzlich ist es auch möglich, Kampagnen zu spielen, die meisten Spieler wird jedoch abschrecken, dass die Möglichkeiten zum Stufenaufstieg nicht vorhanden sind. Auf der anderen Seite sind die Charaktere bereits in der Grundausrichtung sehr kompetent, so dass es für mich kein Manko ist, dass ich nicht "aufleveln" kann.
FU erfüllt sicherlich die Nische der einfachen, regelarmen und erzählerischen Rollenspiele.
Powergamer und Freunde des Simulationsrollenspiels, die realistische Regeln und ein komplexes Regelwerk mit vielen Talenten, Fertigkeiten etc. erwarten, werden keine Freude an FU finden.
Mir gefällt an dem System, dass die Geschichte immer ein Stück voran kommt, da das Würfelergebnis das Rollenspiel narrativ einfärbt.
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