Rezension zu Garlens Garten:
Als ich das erste Mal von der regelleichten Earthdawn Variante: Zeitalter der Legenden gehört habe, war ich direkt begeistert (und bin es immer noch was das eigentliche Regelwerk angeht). Eine Möglichkeit mein liebstes Rollenspiel wieder spielen zu können,ohne großen Vorbereitungsaufwand und Regelballast, der nur vom eigentlichen ablenkt: Der Geschichte. Und zeitlich gut vereinbar mit der eigenen Familie und der Arbeit. Flugs trommelte ich meine alte Rollenspielrunde zusammen, mit der wir zusammen vor etwa 30 Jahren in das Hobby gestartet waren und über viele Jahre insbesondere die erste und zweite Edition Earthdawns in unserer Schulzeit und Ausbildungs/Studienzeit gespielt haben.
Als Einführung in das neue Regelsystem kam das Abenteuer „Garlens Garten“ wie gerufen.
Die harten Fakten: 38 Seiten .pdf (derzeit Version 20190827) zum Preis von etwas weniger als 10 Euro (konkret 8.26 Euro). Insgesamt 6 Kapitel, davon 4 das reine Abenteuer. An Seiten entfallen 22 auf das Abenteuer selbst. Der Rest sind eine kleine Einführung in das erzählfokussierte Rollenspiel, sowie die vorgefertigten 4 Charaktere. Das Inhaltsverzeichnis ist theoretisch mit den Kapiteln verknüpft, springt aber zumindest auf meinem Ipad immer auf Seite 2 des .pdfs, egal welches Kapitel man anwählt. Falls dies oder auch ggfls. vorhandene Rechtschreibfehler von denen mir keine aufgefallen sind in einer künftigen Version behoben werden, ist man als Besitzer des .pdfs natürlich im Vorteil immer auf die aktuellste Version Zugriff zu haben.
Alles ist prinzipiell in Farbe und das gesamte Design gefällt. Die meisten Bilder sind allerdings Schwarz- weiß, wissen aber zu gefallen. Sowohl Kathy Schad, als auch Carsten Damm haben wirklich ein Händchen für so etwas. Ich erinnere mich mit Grausen an die damaligen Werke vom Games-In Verlag...
Das Abenteuer teilt sich in 4 Kapitel und soll fast spoilerfrei angerissen werden:
Im ersten Kapitel macht sich die Gruppe auf die Suche ein Kaer zu finden, dass einen besonderen magischen Kristall beherbergen soll. Dieser Teil findet großteils in der Wildnis statt.
Das zweite Kapitel handelt vom namensgebenden „Garlens Garten“. Einer kleinen Ansiedlung im Nirgendwo. Neben der Erkundung des kleinen Orts lernen die Spieler hier die Einwohner besser kennen.
Im dritten Kapitel wird das Kaer erforscht und die Spieler werden mit dem dunklen Geheimnis dieses Ortes konfrontiert
Kapitel Vier liefert letztlich das kurze Finale ab und bietet weitere kleine Anknüpfpunkte für weitere Abenteuer.
Statt mit den im Abenteuer angebotenen vorgefertigten Charakteren nahmen wir unsere eigenen, die wir kurz zuvor generiert hatten. Dies war im Rahmen des Abenteuers problemlos möglich.
Die Gruppe bestand aus:
Einem Troll-Schützen
Ein menschlicher Troubadour
Ein T‘Skrang Schwertmeister
Und einem Windlings-Magier der vom Spielleiter (mir) zusätzlich gespielt wurde.
Insgesamt spielten wir etwa 8 Stunden, bis unsere Gruppe das Abenteuer beendet hatte. Als Spielleiter wurden einem durch das Abenteuer nur die groben Eckpunkte angerissen und wenige Szenen mit richtigem Leben gefüllt. Es gibt eigentlich keine Abschnitte, die man den Spielern direkt vorlesen kann. Allgemein geht das Abenteuer davon aus, dass man sich an die Wünsche der Gruppe anpasst und entsprechende Szenen passend zu den Wünschen selbst entwickelt und vorbereitet oder sich diese im Spiel ergeben oder durch die Spieler selbst erzählt werden. Das finde ich sehr sehr schade. Die Erkenntnis, die sich für mich inhaltlich schon beim ersten Lesen des Abenteuers ergab, dass man doch viel vorbereiten sollte, wenn man den Spielern stimmungsvolle Szenen beschreiben will, bewahrheitete sich auch im Spiel. Es kam schon Stimmung auf, aber wenn ich ein Abenteuer kaufe, wünsche ich, dass ich mehr an die Hand genommen werde und mehr Auswahl an ausgearbeiteten Szenen, Orten und konkreten „Vorleseabschnitten“ habe, die oft weitaus stimmungsvoller sind, als ich es selbst spontan improvisiert bekomme. Bei einem Kaufabenteuer will ich persönlich nicht gefühlt eine Skizze bekommen, die ich selbst komplett ausmalen muss. Gerade die alten offiziellen Abenteuer von Earthdawn wie Nebel über dem Blutwald, Abenteuer in Parlainth usw. finde ich hier um Längen besser.
Da es sich um eine Einführungsabenteuer handelt, waren auf vielen Seiten regelerklärende Abschnitte, die z.B. den Unterschied zwischen einer Simulation und einer Erzählung im Rollenspiel anschaulich erklären, was ich gut fand für die ersten Schritte in dieser Art Rollenspiel. Andererseits fand ich die Geschichte selbst sehr schwach. Es gab wenige Earthdawn typische Szenen -ok, es wird ein Kaer erkundet und kein Dungeon- und prinzipiell hätte dieses Abenteuer in eine beliebigen Fantasywelt stattfinden können. Mir selbst stellte sich die Frage, was den Verlag bewogen hatte, dass gerade diese Geschichte zu einem offiziellen Abenteuer wurde, noch dazu, dass es zu DEM einzigen deutschen Abenteuer für Earthdawn: Zeitalter der Legenden wird. Sozusagen die Gallionsfigur für ein an sich toll spielbares Regelsystem. Da hätte es doch sicher die Auswahl an dutzenden viel viel besseren Abenteuern gegeben....
Fazit:
Ich finde das Abenteuer für ein Kaufabenteuer allgemein und insbesondere für Earthdawn schlecht. 10 Euro sind nicht viel und das Abenteuer ist besser als nichts zum Speilen zu haben, aber trotzdem habe ich selbst schon viele viele deutlich bessere Abenteuer gespielt und geleitet. Es hat mir und dem Großteil meiner Spieler ( einer tut sich sehr schwer mit dem einfachen Regelwerk und hat mehr Lust auf die „normale“ 4te Edition von Earthdawn) trotzdem Spaß gemacht. Dies aber weniger aufgrund des Abenteuers an sich, sondern trotz des Abenteuers. Einfach, weil wir mal wieder Earthdawn spielen konnten und nach Barsaive und Throal kamen. Und auch, weil dies hoffentlich der Beginn einer neuen langen Kampagne wird, die noch viele deutlich spannendere Abenteuer bereit halten wird.
„Earthdawn: Zeitalter der Legenden“ hat als System aber wunderbar für uns funktioniert. Kämpfe gingen gut von der Hand und dauerten nicht unnötig lange, die Adepten konnten gut ihre Tags und Talente einsetzen und man schaffte deutlich mehr Erzählung in der selben Zeit. Für mich optimal für eine schöne Feierabendrunde verteilt auf mehrere Spielabende. Dem System als solchen sollte man ungeachtet dieses Abenteuers eine Chance geben. Es lohnt sich und ich bin dem Pro-Indie Verlag sehr dankbar für diese regelleichte Variante die gut passt, wenn man neben dem Beruf und der Familie von Zeit zu Zeit in Barsaive eintauchen will.
Wertung 2 von 5 Punkten für „Garlens Garten“ (5 von 5 für Earthdawn: Zeitalter der Legenden)
Als Tipp: Zum Einstieg in die Welt Earthdawns würde ich konkret „Nebel über dem Blutwald“ empfehlen. Es sollte problemlos und mit minimalem Aufwand mit den Regeln von Earthdawn: Zeitalter der Legenden der Legenden spielbar sein und ist deutlich atmosphärischer schon aus dem Buch heraus.
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