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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 68 (Juni/Juli 2018) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Frisches Blut
Ein Abenteuerband für Cthulhu, der Frisches Blut heißt, verheißt nicht unbedingt gutes – in diesem Fall bekommt man aber vier sehr unterschiedliche Abenteuer, die besagtes frisches Blut in die Spielrunde pumpen können (vielleicht fließt allerdings das ein oder andere Mal auch das der Spielercharaktere).
Das Abenteuer Im Schatten des Doms spielt zur Gaslicht-Epoche, wo die Spieler ein historisches Geheimnis von Bamberg aufklären und die Stadt retten dürfen. Das in den 20er Jahren am Bodensee angesiedelte Das Rauschen der Wellen konfrontiert die Ermittler mit einer zunächst subtilen, dann aber umso übleren Bedrohung. Wie der Titel vermuten lässt, ist das Abenteuer Electric Square Dance der Atom-Reptil-Bikini-Frauen – in 3D! ein nicht ganz ernst gemeinter Roadmovie-Trip, der sicher für mehr Lacher als für Grauen sorgt. Das für Cthulhu Now angesiedelte Abenteuer Blutiges Schäferstündchen hingegen ist die klassische Geschichte: Was kann schon ein paar College-Studenten passierten, die auf einer einsamen Berghütte Spaß haben wollen…
Frisches Blut bietet eine breite Auswahl an Abenteurern in verschiedenen Epochen und mit ganz verschiedenen Hintergründen. Während die ersten beiden Abenteuer recht klassisch sind und für die Bodensee-Region zudem noch einiges an Hintergrundmaterial liefern, ist das dritte Abenteuer so abgedreht, dass man es nur lieben oder hassen kann (mit klassischem Cthulhu hat es wenig zu tun). Auch das vierte Abenteuer bedient sich treffend typischer Filmklischees.
Aus meiner Sicht ist die große Bandbreite an Abenteuern und Epochen ein großer Vorteil und bietet Spielrunden spannende Ansätze, die Welt von Cthulhu aus unterschiedlichen (und unorthodoxen) Blickwinkeln zu erleben – ohne, dass hierbei die klassischen Großen Alten und üblichen Verdächtigen überstrapaziert werden müssen. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 60 (März/April 2016) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
Der ewige Kampf gegen die Grossen Alten
Cthulhu, Yog-Sothoth, Shub-Niggrurath, tiefe Wesen, Mi-Go, Shoggothen, Nyarlahotep – die Welt von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos ist voller Schrecken, die die gesamte
Menschheit in ihrer Existenz bedrohen und ihre Gegner mit Leichtigkeit in den Tod oder den Wahnsinn treiben können.
Der Kampf gegen die Großen Alten scheint aussichtslos, doch die 7. Edition des Cthulhu-Rollenspiels fordert Spieler wieder einmal heraus, sich dem Kampf gegen die Großen Alten in den 1920ern Jahren oder anderen Zeitepochen zu stellen und in eine Welt bizarrer Schrecken, gefährlicher Bücher, düsterer
Kulte und dem scheinbar omnipräsenten Wahnsinn einzutauchen, den der Cthulhu-Mythos verbreitet.
Nur für Spielleiter
In der 7. Edition bleibt Cthulhu der Aufteilung der Regelbücher treu, auch wenn die Benennung sich etwas verändert hat. Kam im Investigatoren-Kompendium der Mythos noch kurz, bekommt der Spielleiter im Grundregelwerk die ganze Wahrheit geboten. Auch hier beginnt es nochmal mit einer Einführung in die Grundlagen des Rollenspiels und in H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos. Danach wird die Erschaffung der Investigatoren abgehandelt, allerdings reproduziert das Buch hier nicht nochmal alle Berufe, so dass die vollständige Charaktererschaffung nur im Investigatoren-Kompendium verfügbar ist. Die Fertigkeiten werden aber auch hier beschrieben.
Wird die Spielmechanik im Investigatoren-Kompendium noch recht kurz dargestellt, wird sie für den Spielleiter ausführlich und vor allem auch mit vielen Beispielen präsentiert. Ein neues, interessantes Konzept sind die forcierten Würfe: Gelingt eine Probe bei ersten Mal nicht, hat das keine schlimmen Auswirkungen, weil der Charakter im Zweifelsfall vorher aufgibt (er versucht beispielweise nicht, die Mauer zu erklimmen, wenn die Probe scheitert). Der Spieler kann dann aber die Probe forcieren, was bedeutet, er wiederholt sie noch einmal, doch dieses Mal mit erhöhtem Einsatz: Wenn die Probe nun schief geht, werden schlimme Dinge passieren.
Neben den drei grundsätzlichen Schwierigkeiten im Spiel, bei denen der Fertigkeitswert einfach mit einem Faktor belegt wird (ganzer Wert, halber Wert, Viertelwert) können nun auch Bonus- oder Strafwürfel ins Spiel kommen. Diese Würfel sind ein zusätzlicher Würfel mit der Zehnerstelle des Prozentwerts. Im Falle des Bonuswürfels darf der bessere Wert genommen werden; im Falle des Strafwürfels muss der schlechtere verwendet werden. Dieser Ansatz sorgt für zusätzliche Dynamik bei den Proben.
Intensiv setzen sich die Regeln mit Kampf und Verfolgungsjagden auseinander, die umfassend beschrieben werden. Beim Kampf kann Schaden schnell einen Investigator ausschalten, doch hier differenziert das System: Hat der Charakter nur durch mehrere kleine Treffer alle Lebenspunkt verloren, ist er zwar außer Gefecht, aber nicht in Gefahr. Sind seine Lebenspunkte aber durch eine schwere Wunde verloren gegangen, braucht er dringend erste Hilfe oder ist bereits tot. Neben der körperlichen Gesundheit ist bei Cthulhu auch die geistige Gesundheit entscheidend, und neben den reinen Spielwerten stellt das Spiel diverse Regeln und Ideen vor, wie der Fall in den Wahnsinn umzusetzen ist. Auch hier gibt es verschiedene Ansätze, die davon abhängen, wie der Charakter seine geistige Stabilität verloren hat.
Den weiteren Teil des Buchs machen vor allem die drei großen M aus: Magie, Monster, Mythos. Verbotene Bücher, schreckliche Monster, grauenhafte Götter, tödliche Artefakte und düstere Zaubersprüche bieten Unmengen an Material, um damit die Investigatoren zu konfrontieren (und oftmals buchstäblich in den Wahnsinn zu treiben).
Natürlich gibt es auch praktische Tipps für das Leiten des Spiels, noch hilfreicher dürften aber zwei komplette Abenteuer sein. Während Inmitten uralter Bäume eine klare Handlung (allerdings mit diversen bösen Überraschungen hat) hat, bietet In der Tinte eher einen Baukasten, in dem Orte, Charaktere und der Plot beschrieben sind, diese Teile aber durch den Spielleiter angepasst werden können, um seiner Runde ein sehr freies und nicht lineares Spielerlebnis zu bieten.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Die 7. Edition von Cthulhu bietet einige Regelneuerungen, die nicht zu stark vom bisherigen Ansatz abweichen, aber ihn gut ergänzen. Hinweise zu Konvertierungen von Spielmaterial werden auch gleich mitgeliefert, so dass nicht alles alte Spielmaterial direkt unbrauchbar wird.
Verändert hat sich die Aufmachung. Waren die Bücher bisher durch historische Fotographien geprägt, findet man nun vermehrt auch Illustrationen und gestellte Fotos. Letzteren sieht man in den Details leider häufig an, dass es Aufnahmen von heute sind, trotzdem fangen auch sie das Flair des Spiels ein. Außerdem hat Pegasus bei dem Spiel extrem an der Preisschraube gedreht, denn die Bücher der 7. Edition kosten gerade einmal die Hälfte der vorherigen Ausgabe, womit man viel Buch für einen wirklich guten Preis bekommt.
Aber es wäre falsch, Cthulhu am Ende an seinem Preis zu bemessen. Das Spiel ist ein Klassiker des Horrorrollenspiels – immerhin über 30 Jahre alt – und in der Neuauflage sehr gut spielbar. Die Aufmachung ist gelungen (auch wenn es den einen oder anderen Tippfehler gibt), das Setting spannend und die Regeln sind einfach und nachvollziehbar. Cthulhu-Veteranen können gut auf die neue Edition umsteigen, und mit der Aufmachung, den vielen Beispielen und vor allem dem niedrigen Preis sollten auch Neulinge unbedingt diese Gelegenheit nutzen, um in den Horror von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos einzusteigen. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 60 (März/April 2016) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
Der ewige Kampf gegen die Grossen Alten
Cthulhu, Yog-Sothoth, Shub-Niggrurath, tiefe Wesen, Mi-Go, Shoggothen, Nyarlahotep – die Welt von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos ist voller Schrecken, die die gesamte
Menschheit in ihrer Existenz bedrohen und ihre Gegner mit Leichtigkeit in den Tod oder den Wahnsinn treiben können.
Der Kampf gegen die Großen Alten scheint aussichtslos, doch die 7. Edition des Cthulhu-Rollenspiels fordert Spieler wieder einmal heraus, sich dem Kampf gegen die Großen Alten in den 1920ern Jahren oder anderen Zeitepochen zu stellen und in eine Welt bizarrer Schrecken, gefährlicher Bücher, düsterer Kulte und dem scheinbar omnipräsenten Wahnsinn einzutauchen, den der Cthulhu-Mythos verbreitet.
Zwei Bücher zum Einstieg
In der 7. Edition bleibt Cthulhu der Aufteilung der Regelbücher treu, auch wenn die Benennung sich etwas verändert hat. Das Investigatoren-Kompendium ist das Handbuch für die Spieler, der Spielleiter benötigt darüber hinaus noch das Grundregelwerk – dabei ist das Investigatoren-Kompendium aber nicht einfach die verkürzte Form des Grundregelwerks, sondern widmet sich ganz eigenen Aspekten.
Grundsätzlich dreht sich das Investigatoren-Kompendium um drei Themen: den grundsätzlichen Einstieg in die Welt von Cthulhu, die Erschaffung von Charakteren und die Beschreibung der 1920er. Zwar vermittelt das Buch einen Einblick in das Schaffen von H.P. Lovecraft und den anderen Autoren, die den Mythos entwickelt haben, sowie weiteren Quellen, die das düstere Flair der Mittel vermitteln; alle weiteren Hintergründe zu den Schrecken der Welt werden aber bewusst ausgelassen, denn diese sollen erst im Spiel erkundet werden.
Den Hauptpart des Buchs macht die Charaktererschaffung aus, und hier zeigen sich die ersten Regeländerungen. Arbeitete Cthulhu bisher mit Attributen auf einer 20er-Skala und Prozentwerten bei den Fertigkeiten, wird nun einheitlich die Prozentskala verwendet. Nach dem Würfeln der Attribute muss jeder Spieler für seinen Charakter einen Beruf auswählen – und hier stehen über 100 Beispielberufe von A wie Agenturdetektiv bis Z wie Zoowärter zur Verfügung. Jeder Beruf definiert die Berufsfertigkeiten, die der Spieler steigern kann. Der Beruf legt auch fest, auf welchen Attributen der Pool der zu verteilenden Punkte beruht. So braucht ein Gerichtsmediziner nur Bildung für seine Punkte, beim Großwildjäger spielen auch Geschicklichkeit oder Stärke eine Rolle. Hinzu kommt eine neue Fertigkeit Finanzkraft, die definiert, wie es um die Barschaft und finanziellen Möglichkeiten des Charakters bestellt ist. Jeder Beruf gibt dabei eine Bandbreite vor, in der dieser Wert liegen muss – und diese ist beim Akademiker natürlich höher angesiedelt als beim Landstreicher. Selbstverständlich erklärt das Buch auch die grundsätzlichen Regelmechanismen für den Einsatz von Fertigkeiten, die ähnlich zahlreich wie die Berufe sind.
Damit die Spielercharaktere besser als Gruppe agieren, stellt das Buch mehrere Organisationen vor, in denen sich Investigatoren zusammengeschlossen haben. Diese Beispiele zeigen ein breites Spektrum, wie Menschen sich dem Cthulhu-Mythos stellen, und liefern dabei auch ein ganzes Arsenal Beispielcharaktere, die man als Nichtspielercharaktere oder als Inspiration für eigene Charaktere nutzen kann. Damit diese Spielercharaktere nicht gleich bei ihrem Erstkontakt mit dem Mythos alles falsch machen – was schnell tödlich endet – vermittelt ein weiteres Kapitel grundsätzliche Ermittlungsmethode: wie man Informationen sammelt, observiert, Wachen aufstellt, Waffen einsetzt usw.
Der dritte Teil des Buchs, der für viele Spieler sehr hilfreich sein dürfte, gibt einen Abriss über die 1920er und porträtiert diese Epoche, so dass das Lebensgefühl
dieser Zeit, aber auch der Stand der Technik und Wissenschaften nachvollziehbarer wird – nicht nur anhand konkreter Ausrüstung, die auch Waffen und Fahrzeuge umfasst. Es werden auch viele berühmte Persönlichkeiten vorgestellt, die ein gutes Porträt der Epoche widerspiegeln. Eine Zeitleiste von 1890 bis (fast) heute zeigt wichtige und mysteriöse Ereignisse auf und vermittelt so einen schnellen geschichtlichen Überblick.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Die 7. Edition von Cthulhu bietet einige Regelneuerungen, die nicht zu stark vom bisherigen Ansatz abweichen, aber ihn gut ergänzen. Hinweise zu Konvertierungen von Spielmaterial werden auch gleich mitgeliefert, so dass nicht alles alte Spielmaterial direkt unbrauchbar wird.
Verändert hat sich die Aufmachung. Waren die Bücher bisher durch historische Fotographien geprägt, findet man nun vermehrt auch Illustrationen und gestellte Fotos. Letzteren sieht man in den Details leider häufig an, dass es Aufnahmen von heute sind, trotzdem fangen auch sie das Flair des Spiels ein. Außerdem hat Pegasus bei dem Spiel extrem an der Preisschraube gedreht, denn die Bücher der 7. Edition kosten gerade einmal die Hälfte der vorherigen Ausgabe, womit man viel Buch für einen wirklich guten Preis bekommt.
Aber es wäre falsch, Cthulhu am Ende an seinem Preis zu bemessen. Das Spiel ist ein Klassiker des Horrorrollenspiels – immerhin über 30 Jahre alt – und in der Neuauflage sehr gut spielbar. Die Aufmachung ist gelungen (auch wenn es den einen oder anderen Tippfehler gibt), das Setting spannend und die Regeln sind einfach und nachvollziehbar. Cthulhu-Veteranen können gut auf die neue Edition umsteigen, und mit der Aufmachung, den vielen Beispielen und vor allem dem niedrigen Preis sollten auch Neulinge unbedingt diese Gelegenheit nutzen, um in den Horror von H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos einzusteigen. (Björn Lippold
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 67 (Februar/März 2018) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
Terra Cthulhiana: Bis ans Ende der Welt
Als wir in der letzten Ausgabe der Mephisto den Quellenband Terra Cthulhiana: Alte und neue Welt vorgestellt haben, war mein primärer Kritikpunkt, dass das Buch für die 7. Edition deutlich kürzer als die vorherige Version ausgefallen ist. Die Erklärung dafür liefert Terra Cthulhiana: Bis ans Ende der Welt – der zweite Band, der nämlich die entsprechenden Lücken füllt. »Bis ans Ende der Welt« ist ein Motto, das die Ausrichtung des Quellenbuchs gut einfängt, denn hier stehen Australien, die Arktis, die Antarktis und die ozeanischen Gebiete im Mittelpunkt. Zudem liefert der Band auch das nach, was als »Kampagnen-Steinbrüche « bezeichnet wird.
Die zwölf vorgestellten Regionen sind zwar teilweise schwieriger erreichbar, passen aber gut in den Cthulhu-Mythos oder sind sogar integrale Bestandteile. So sind die Stadt der Tiefenwesen Y’ha-nthlei, R‘lyeh oder der unbekannte Kadath typische Orte aus H.P. Lovecrafts Erzählungen. Aber auch real existierende Regionen, die in dieser Form nicht in den Vorlagen vorkommen, liefern genug Geheimnisse und Andeutungen, um sich als mögliche Ermittlungsgebiete der Investigation zu eignen. Dabei lassen die Beschreibungen dem Spielleiter trotz ihrer ausführlichen Informationen immer noch Möglichkeiten, wie er diese interpretieren und konkret nutzen kann.
Das bedeutet einerseits, dass der Spielleiter hier einige Freiheiten genießt, andererseits aber eigene Ideen entwickeln muss, um diese Orte in seine Kampagne einzubauen. Etwas konkreter sind da die sogenannten Kampagnen-Steinbrüche, die fünf verschiedene Themen mit Hintergrundmaterial versehen und daraus entsprechende Ansätze für mehrere Abenteuer liefern. Hier tauchen auch für den Cthulhu-Mythos eher ungewöhnliche Aspekte wie der Heilige Gral, die Assassinen oder die Tempelritter auf.
Terra Cthulhiana: Bis ans Ende der Welt ist ein lesenswerter Quellenband, der einige interessante Orte des Mythos vorstellt (bzw. Orte, die scheinbar zum Mythos gehören). Da es sich um reines Quellenmaterial handelt, hat sich seit der 6. Edition wenig verändert, was man auch daran merkt, dass Ereignisse, die 2012 stattfinden sollten, hier als zukünftige Ereignisse beschrieben werden. Einzig das Kapitel zu den Assassinen und Tempelrittern ist an den entsprechenden Kampagnenband angepasst worden. Hier finden sich auch bedauerlicherweise eine höhere Zahl von Tippfehlern. Auf jeden Fall ist Terra Cthulhiana ein spannender und lesenswerter Quellenband, insbesondere wenn man seine Cthulhu-Runde wild um die Welt hetzen will. Wer jedoch bereits die vorherige Ausgabe in seiner Sammlung hat, gewinnt mit der zweibändigen Neuauflage nichts Wesentliches hinzu. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 64 (Mai/Juni 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Dreissig
Mit einem Alter von 30 Jahren ist Cthulhu definitiv ein der Veteranen auf dem Rollenspielmarkt. Streng genommen gelten die 30 Jahre für die deutsche Version von Cthulhu, und anlässlich des Jubiläums ist mit Dreißig ein Abenteuerband mit vier (nicht 30) Abenteuern erschienen, die zumindest am Rande etwas mit der namensgebenden Zahl zu tun haben.
Den Anfang macht das Abenteuer 30 Liter Jungfrauenblut, das die Spieler wieder mal in die Rollen von Gangstern versetzt, die auf überraschende Weise mit dem Mythos konfrontiert werden. In dem Abenteuer Ein Foto von 30 Sternen stolpern ein paar ahnungslose Leute in einen Albtraum und eine finstere Bedrohung. Auch bei 30°/30° schlittern die Spieler überraschend ins Abenteuer, als ihr Flugzeug in der Wüste abstürzt und sie ums Überleben kämpfen müssen. Das vierte Abenteuer Filmriss spielt in der heutigen Zeit und beginnt mit einem Mord im Kino, der Auftakt für eine sehr ungewöhnliche Geschichte ist.
Alle vier Abenteuer sind gut ausgearbeitet und nutzen keine erfahrenen Investigation, sondern normale Menschen, die zufällig in den Mythos stolpern. Auch wenn sie alle irgendwie mit der Zahl 30 zu tun haben, sind es hier die ungewöhnlichen Ansätze und Ausgangslagen, die die Geschichten sehr spannend machen. Insbesondere Filmriss ist aus meiner Sicht ein bizarres Highlight dieses Bandes, doch auch die anderen Abenteuer dürften die meisten Spielrunden faszinieren – nicht nur aufgrund ihrer manchmal ungewöhnlichen Perspektive.
Abgerundet wird das Buch durch ein Kapitel über 30 Jahre Cthulhu in Deutschland (inklusive kompletter Publikationsliste). Wer hier einen informativen, aber langweiligen Text erwartet, wird überrascht sein, denn die Publikationsgeschichte von Cthulhu liest sich manchmal so, als hätte auch hier eine Verschwörung ihre Finger im Spiel.
Dreißig ist ein hervorragender Band mit vier abwechslungsreichen Abenteuern und damit das perfekte Cthulhu-Geburtstagsgeschenk für Investigatoren und
Spielleiter. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 63 (Januar/Februar 2017) für die Hardccover-Printausgabe erschienen. Das hier erwähnte Kampagnentagebuch ist nur als Print-Produkt erhältlich und nicht Teil der hier angebotenen PDF-Version.
Die Sterne stehen auf Chaos…
1928, London: Was mit wirren Träumen und einem subtilen Einfluss auf die Kreativität einiger dafür anfälliger Menschen beginnt, ist nur der Auftakt für weitreichende Ereignisse, die das Schicksal der gesamten Menschheit besiegeln könnten. Die Sterne stehen günstig, und Hasturs Blick fällt auf die Erde…
Große Alte gibt es viele, und wahrscheinlich ist es neben Cthulhu wohl Hastur, der zu den bekanntesten und gefürchtetsten mächtigen Monstrositäten am Rande unser Realität gehört. Königsdämmerung ist ein umfangreicher Kampagnenband für Cthulhu 7. Edition, der in mehreren miteinander verbundenen Abenteuern die Spielercharaktere in eine gefährliche Kampagne zieht, bei der wirklich viel auf dem Spiel steht, und bei der, wie Name und Cover bereits andeuten, der König in Gelb eine wichtige Rolle spielt.
Königsdämmerung beginnt zunächst recht harmlos: Die Spieler werden Zeuge einiger mysteriöser Vorkommen, geraten dann aber durch die Untersuchung eines geistig gestörten Patienten auf die Spur größerer Ereignisse. Schrittweise kommen sie so auf die Spur einer Verschwörung und bald schon müssen sie sich nicht nur einem gefährlichen Kult stellen, sondern auch diversen Spuren folgen, die sie mit verschiedenen Gefahren für Leib und Verstand konfrontieren und an ferne Orte führen.
Ohne zu viel über den konkreten Inhalt verraten zu wollen, bietet Königsdämmerung für die Spielercharaktere eine Menge von Ermittlungsarbeit und Analyse über kleinere Konfrontationen mit Mythos-Kreaturen bis hin zur Reisen an fremde Orte. Schritt für Schritt können die Spielercharaktere die Geheimnisse der Königsdämmerung entschlüsseln und müssen schließlich in einem Wettlauf mit der Zeit verhindern, dass ein Großer Alter auf die Erde kommt.
Wie für Cthulhu zu erwarten, geht es hier weniger um actionreiche Kämpfe mit gigantischen Kreaturen, sondern darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen und vor allem die richtigen Entscheidungen zu treffen. Besonders in dieser Hinsicht ist das Finale knallhart, denn die Spieler können hier viele Fehler machen, die drastische Konsequenzen haben.
Mit über 200 Seiten ist Königsdämmerung ein sehr umfangreicher Abenteuerband, der sich in drei Teilabenteuer aufteilen ist. Die Geschichte ist klar strukturiert, und trotz der Länge wird der Spielleiter gut an die Handlung herangeführt und bekommt anschaulich alle Informationen, um die komplexe Kampagne spielen zu können. Durch kleinere Nebengeschichten und weitere Elemente kann die Geschichte sehr plastisch ausgebaut werden.
Eine Besonderheit bei Königsdämmerung ist, dass es ein ergänzendes Buch für die Spieler gibt (als gesondertes Print-Produkt) – das sogenannte Kampagnentagebuch. Das Kampagnentagebuch bündelt alle Handouts, die in Königsdämmerung vorkommen und bietet zudem Platz für Notizen. Immerhin 80 Seiten umfasst der Softcoverband und ist für eine Kampagne dieser Länge ein interessanter Ansatz, um den Spielern die Übersicht über die komplexe Handlung zu ermöglichen. Natürlich muss sichergestellt sein, dass die Spieler nicht zu weit lesen und sich so schon im Vorfeld einen Überblick über die Handlung verschaffen.
Wer Cthulhu spielt und auf der Suche nach einer wirklich epischen Kampagne ist, die mit einem der beliebtesten (oder vielleicht besser gefürchtetsten) Großen Alten spielt, der sollte bei Königsdämmerung unbedingt zugreifen, denn die epische Kampagne bietet alles, was sich Cthulhu-Spieler wünschen werden: finstere Geheimnisse, gefährliche Gegner, die Konfrontation mit dem Mythos und am Ende ein episches Finale. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 62 (September/Oktober 2016) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Feiertage der Furcht
Feiertage der Furcht ist einer von zwei Abenteuerbänden, die für die aktuelle Edition 7 von Cthulhu erschienen ist. Der lose Zusammenhalt der drei Abenteuer sind Feier- bzw. Festtage. Das erste Abenteuer Verlobung auf Girnwood Manor beginnt mit der Einladung zu einer Verlobungsfeier, doch das eigentlich freudige Ereignis wird bald schon von Bedrohungen, Geheimnissen und Verdächtigungen überschattet.
Im zweiten Abenteuer Sobeks Silvester dürfen sich die Spieler auf eine Silvesterpartie stürzen, die einen ganz »besonderen Gast« zu bieten hat – und wie für Cthulhu zu erwarten ergeben sich daraus schnell gefährliche Problem. Im letzten der Abenteuer, Unhappy Thanksgiving, steht Thanksgiving im Mittelpunkt. Die Spieler müssen ein verlorenes Kind wiederfinden – falls seine Mutter vielleicht doch nicht nur verrückt ist…
Die drei Abenteuer – insbesondere das erste – haben einen starken menschlichen Faktor und gehen mit konkreten Mythos-Bedrohungen einigermaßen sparsam um. Die Themen sind abwechslungsreich und besonders Verlobung auf Girnwood Manor ist eine spannende Geschichte, die viel Rollenspiel von den Spielern erwartet (und auch für den Spielleiter recht komplex ist). Auch wenn sich die Abenteuer aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Settings kaum eignen, um sie als Kampagne zu spielen, bieten sich hier drei gute One-Shots, die abwechslungsreiche Spielabende versprechen. (Björn Lippold
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 67 (November/Dezember 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Ars Mathematica
Ars Mathematica ist ein Abenteuerband für Cthulhu, der im Rahmen des Wettbewerbs zur 7. Edition entstanden ist. In dem Band finden sich die drei Siegerabenteuer des Wettbewerbs, nämlich das namensgebende Ars Mathematica, Jäger und Gejagte und Orakelknochen. Die Abenteuer sind prinzipiell als One- Shots angelegt, lassen sich aber mit etwas Mühe auch in eine Kampagne einfügen.
Das erste Abenteuer, Ars Mathematica, spielt auf einer Zugfahrt und bietet damit ganz im Stil von Mord im Orientexpress eine kleine Gruppe interessanter Charaktere, um die sich dann die Handlung entspinnt und in deren Mittelpunkt bald die Charaktere stehen. Die Motivation der Spieler, die Angelegenheit zu regeln, dürfte entsprechend hoch sein…
Jäger und Gejagte verschlägt die Spiele nach Klondike, also das Herz des amerikanischen Goldrausches – allerdings erst nach dessen Blütezeit. Im tiefen Winter brechen die Spielercharaktere auf, um ein gefährliches Wolfsrudel zu jagen. Nicht nur die Umgebung wird zu einer schweren Bedrohung, auch ein durchaus cthulhoides Grauen macht schnell das Überleben der Jagdgesellschaft ungewiss.
Orakelknochen dreht sich um eine experimentelle archäologische Untersuchung, bei der den Spielern eine ganz besondere Rolle zukommt. Und wie im Universum von Lovecraft üblich, sind es die alten Geheimnisse, die schnell zu einer großen Gefahr werden.
Alle drei Abenteuer sind relativ kompakt geschrieben und entsprechend schnell durchzuarbeiten. Die Geschichten sind so angelegt, dass sie die Spielercharaktere ganz stark einbeziehen und ihnen eigentlich nicht die Möglichkeit lassen, sich aus der Angelegenheit herauszuhalten.
Spannend sind sie auf jeden Fall – und sehr gefährlich, so dass es durchaus Sinn ergibt, dass diese Abenteuer in erster Linie als One-Shots konzipiert wurden. Ein Überleben der Spielercharaktere würde ich nicht als gesichert ansehen…
Als Lesefutter bzw. Spielmaterial für Cthulhu-Runden können die drei Abenteuer durchaus überzeugen und bieten sehr unterschiedliche Blickwinkel auf den Mythos. Gut gefällt mir, dass man die Szenarien an ein oder zwei Spielabende relativ schnell durchspielen
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 66 (November/Dezember 2017) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen
Auf den ersten Blick handelt es sich bei S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen um ein klassisches Monsterhandbuch. Vergleicht man es jedoch mit dem Malleus Monstrorum der vorherigen Edition von Cthulhu, hat man den Eindruck, hier nur die extrem gekürzte Fassung zu bekommen – das Bestimmungsbuch ist viel dünner. Dieser erste Eindruck trügt allerdings, denn bei S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen handelt es sich um eine In-Game-Spielressource, die sich eher an Spieler (oder Sammler) als an Spielleiter richtet. Das gesamte Buch ist aus der Perspektive der Charaktere geschrieben. Spielwerte oder andere Hinweise auf das Regelsystem fehlen völlig. So werden die verschiedenen (in einigen Fällen definitiv unaussprechlichen) Kreaturen jeweils auf einer Doppelseite vorgestellt. In der Regel gibt es eine Seite Text und eine Seite mit großformatigen Illustrationen.
Das Buch macht eine umfassende Tour durch die Wesen des Cthulhu-Mythos und durch die Wesen der Traumlande. So findet man hier die Großen Alten, diverse außerirdische Kreaturen und die Schrecken der Traumlande vereint. Die Beschreibungstexte geben ein klares Bild, wie die Kreaturen aussehen (was in vielen Fällen nicht ganz einfach zu beschreiben ist) und erläutern ihr Vorkommen, ihre Verbreitung und ihre Lebensweise. Ein wichtiger Aspekt des Buchs sind die Unterscheidungskriterien, anhand derer eine Kreatur im Gegensatz zu anderen eindeutig identifiziert werden kann.
Damit ist das Bestimmungsbuch genau das, was der Titel besagt. Das Ganze ist so geschrieben, als hätten ein paar (nicht ganz geistig gesunde) Wissenschaftler entschieden, Sichtungen von Mythos Kreaturen zu sammeln, zu katalogisieren und zu beschreiben. So befinden sich in dem Buch auch Anspielungen auf wissenschaftliche Thesen verschiedener Forscher oder Hinweise auf Expeditionen, die die Natur der unaussprechlichen Kreaturen ausloten wollten. Die Illustrationen sind sehr beeindruckend und stellen diese Monstren in all ihrer Scheußlichkeit dar.
S. Petersens Bestimmungsbuch der unaussprechlichen Kreaturen ist ein sehr spezielles Buch. Die Idee, es komplett aus der Charakterperspektive anzulegen und so die verschiedenen Mythos-Kreaturen vorzustellen, ist durchaus gelungen. Gerade für Fans und Sammler ist es mit der Aufmachung nahezu perfekt. Der direkte Spielwert für das Rollenspiel ist natürlich begrenzt, da Spielwerte fehlen. Selbst als Ressource für Spielercharaktere ist dieser Quellenband fraglich, da Cthulhu ja davon lebt, dass die Spieler nicht sofort wissen, womit sie es zu tun haben (bzw. was sie gerade auffrisst). (Björn Lippold=
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 65 (September/Oktober 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Mystiker und Magier
Unter dem Titel Mystiker und Magier ist ein Quellenband für Cthulhu erschienen, der sich auf bestimmte Berufsgruppen im Spiel fokussiert – nämlich denjenigen, die einen Hang zum Übernatürlichen haben. Parapsychologen, Bühnenmagier, Wahrsager oder Medien sind typische Professionen, die hier im Fokus stehen. Den Beginn des Buchs macht eine Einordnung der verschiedenen Betrachtungsweisen von Magie und eine Einstufung in Initiationsgrade, wie sehr sich ein Charakter wirklich auf Magie versteht: ob er sie nur als Theorie kennt, magische Geheimnisse beherrscht oder ihre wahre Natur innerhalb des Mythos erfahren hat. Ein weiterer Blick wird auf Scharlatane und ihre Tricks geworfen.
Nach dieser Einführung gibt es praktische Tipps bei der Charaktererschaffung mit einigen Ideen sowie konkrete Erfahrungspakete, die unter bestimmten Bedingungen einem Spielercharakter zusätzliche Punkte für relevante Fertigkeiten verleihen und so im Bereich der zumindest »theoretischen Magie« stärken. Nutzen kann man diese Ansätze für neue Berufe, die sich weitestgehend um Magie und Mystik drehen und ein Spektrum vom Medium über den Derwisch und Bühnenmagier bis zum Alien-Forscher abdecken. Während 14 Charaktertypen ausführlich vorgestellt werden, gibt es noch 7 weitere in einer spieltechnischen Kurzzusammenfassung. Ein Kapitel mit spielfertigen Charakteren
rundet das Buch ab.
Mit seinem Fokus auf Charaktere aus der Welt der Magie bietet Mystiker & Magier scheinbar sehr gut für Cthulhu geeignete Berufe. Der Haken hieran ist aber, dass die Magie (ob nun echt oder Betrug) dieser Figuren nie das ist, was die Anwender glauben, denn alle Zauber entspringen dem Mythos – mit den bekannten Risiken und Nebenwirkungen. Das bedeutet, dass diese Charaktere nur scheinbar einen Vorteil durch ihr Vorwissen haben. In Wirklichkeit wird beim Erstkontakt mit dem Mythos sich vieles als bestenfalls gefährliches Halbwissen herausstellen.
Wer unbedingt einen Charakter mit einem Hintergrund aus der Welt des Übernatürlichen spielen möchte, bekommt hier grundsätzliche Einblicke in die Berufe und ihre Sichtweisen, sowie ein paar konkrete Spieloptionen. Wer jedoch mehr Informationen über die Magie des Mythos erwartet oder hofft, Charaktere entwickeln zu können, die dort schon tiefer involviert sind, wird nur bedingt fündig. Somit eignet sich das Buch vor allem für Gruppen mit einem klaren Fokus auf das Thema Magie und Mystik außerhalb des Mythos und ist keine allgemein »notwendige« Ergänzung. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 65 (September/Oktober 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Prag: Die Goldene Stadt
Für die aktuelle Version von Cthulhu ist Prag das Thema des ersten Quellen- und Abenteuerbands, der sich um eine Stadt in den 1920ern dreht. Prag ist eine Stadt mit einer langen und vielfältigen Geschichte – und in diesem Quellenbuch zudem eine Stadt mit vielen Geheimnissen.
Wie für einen Städteband zu erwarten wird zunächst die Geschichte von der Frühgeschichte bis in die 1920er beschrieben. Danach wird ein Blick auf das Leben in der Metropole geworfen. Stadtteil für Stadtteil wird Prag ausführlich vorgestellt, bevor es dann an die Geheimnisse geht. Der Mythos hat dabei eine sehr eigene Ausprägung und verwebt lokale Legenden mit dem Werk zweier Autoren. So ist es Gustav Meyrink, dem eine ganze Variante des Mythos gewidmet wird, während auch Franz Kafka nicht unberücksichtigt bleibt. Ein zentraler Aspekt ist die Alchemie, die umfassend sowohl vom Hintergrund als auch von den Regeln vorgestellt wird – und natürlich dürfen der Golem und diverse Geheimgesellschaften wie die Rosenkreuzer nicht fehlen.
Die zweite Hälfte des Buchs machen wie für solche Städtebände üblich die Abenteuer aus. Hier geht Prag aber einen neuen Weg und präsentiert statt mehrerer Einzelabenteuer eine ganze Kampagne, die nicht nur die Stadt als Kulisse verwendet, sondern maßgeschneidert auf das Szenario ist. Ohne zu viel verraten zu wollen: Die Spieler werden hier mit einer ganz speziellen Bedrohung konfrontiert, die sicherlich einige Überraschungen zu bieten hat.
Prag: Die goldene Stadt ist ein gewohnt gut gemachter Quellenband, der beim allgemeinen Hintergrund manchmal schon etwas zu umfassend ist. Die Idee, nicht nur die üblichen Legenden, sondern auch das Schaffenswerk zweier zeitgenössischer Autoren für den Aufbau eines eigenen Mythos verwenden, ist gut gelungen. Insbesondere die auf diesem Fundament aufgebaute Kampagne passt sich sehr gut an das Setting an und transferiert nicht einfach typische Cthulhu-Themen von Arkham nach Europa, sondern bietet ein stimmiges Gesamtbild.
Prag: Die goldene Stadt ist ein Regional- und Abenteuerband, der schon für die Kampagne und ihre besondere Form des Cthulhu-Mythos auf jeden Fall zu empfehlen ist! (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 67 (Februar/März 2018) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
Grand Grimoire der Mythos-Magie
Das Grand Grimoire der Mythos-Magie verspricht nicht mehr und nicht weniger, als 30 Jahre Cthulhu-Magie in einem Band zusammenzufassen. Das limitierte Hardcover zeichnet sich bereits durch den schön gestalteten und ein wenig gepolsterten Umschlag aus. Auf gut 200 Seiten dreht sich dann alles um das Thema Mythos-Magie.
Den Einstieg macht ein Hintergrundkapitel, das das Thema Magie genauer erläutert. Hier werden zudem die wesentlichen Unterschiede der Mythos-Magie zu anderen Magiesystemen beschrieben und diese vom sogenannten Hexenglauben (der eine optionale Magieform ist) abgetrennt. So widmet sich das Kapitel sowohl Zauberkomponenten, astronomischen Faktoren,
der Magie der Traumlande, fehlerhaften Zaubern, Leylinien usw. und bietet einige Ansätze, Magie plastischer (und auch unberechenbarer) zu machen. Wichtigster Grundsatz ist hier, dass Magie im Cthulhu-Mythos immer einen Preis hat – der oftmals so hoch ist, dass man sich genau überlegen sollte, ob man ihn zahlen will.
Während diese Einleitung ungefähr 10% des Buches ausmacht, ist der Rest tatsächlich ein Grand Grimoire: Immerhin werden hier gut 600 Zauber aus Quellenbänden und Abenteuern zusammengetragen. Nur Zauber, die zu speziell auf ein Abenteuer zugeschnitten waren, wurden ausgelassen, und in einigen Fällen wurden bestehende Zauber entsprechend zusammengefasst.
Damit die Magie geheimnisvoller bleibt, haben alle Zauber alternative Titel zu bieten, und zur einfacheren Einordnung für den Spielleiter sind die alphabetisch sortierten Zauber mit Symbolen zur Einordnung versehen. In diesem umfassenden Arsenal dürfte für jeden was dabei sein – sowohl um damit Kultisten und Mythos-Monster zu einer echten Gefahr für die Investigation zu machen, als auch um diese direkt durch Anwendung der Zauber in den Wahnsinn zu treiben.
Das Grand Grimoire ist ein schön aufgemachter Quellenband, der sich ganz klar an Spielleiter (bzw. aufgrund seiner Aufmachung mit Cover und Innenillustrationen auch an Sammler) richtet. Auch wenn keine Cthulhu-Spielrunde (hoffentlich) all diese Zauber benötigen wird, so ist das Buch als Magie-Quellenband eine hervorragende Ergänzung zum restlichen Spielmaterial, auf das Spielleiter kaum verzichten werden wollen. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 65 (September/Oktober 2017) für die Hardcover-Printausgabe erschienen.
Shadowrun Anarchy
Shadowrun gehört zu den Rollenspielen, die schon Jahrzehnte auf dem Markt sind und deren Regeln immer wieder erweitert wurden. Mit dem dicken Grundregelwerk der 5. Edition und mehreren essenziellen Erweiterungsbänden erfordert Shadowrun ein intensives Regelstudium – und es schadet auch nicht, zumindest Teile des mehrere tausend Seiten umfassenden Hintergrunds zu kennen. Für Einsteiger ist damit der Start in das System nicht einfach und die schiere Menge Material erschlagend. Natürlich ist diese Komplexität für viele Shadowrun-Spieler genau das, was sie an dem Rollenspiel schätzen.
So ist es je nach Betrachtungswinkel nur natürlich oder völlig überraschend, dass nun das Regelwerk Shadowrun Anarchy erschienen ist, was nicht weniger versucht, als Shadowrun eine komplett neue Regelbasis zu geben. Die Idee ist hierbei, vom klassischen Shadowrun mit seinen komplexen Spielmechanismen zu einem System zu kommen, das einfacher und erzählerischer ist und entsprechend weniger Regelstudium erfordert. Kann dieser revolutionäre Ansatz gelingen? Shadowrun Anarchy erscheint als Hardcover-Regelband mit etwas über 200 Seiten – also deutlich leichter als das reguläre Regelwerk. Der Aufbau folgt dem Standard: Nach der Erklärung, was es mit Shadowrun Anarchy auf sich hat und einer Kurzgeschichte gibt es eine Einführung zu Magie, Konzerne, Cyberware, Zeitlinie, Geographie und Machtgruppen der Spielwelt – der Hintergrund als Überblick in kompakter Form.
Es folgen die Regeln, und hier sieht der Veteran sofort deutliche Unterschiede. Zwar gibt es noch Attribute (allerdings weniger), Karma und Fertigkeiten (auch weniger), doch die Schattenbooster sind etwas komplett Neues. Sie und die sogenannten Plotpunkte bilden essenzielle neue Regelmechanismen. Die Schattenbooster sind eine Charaktereigenschaft,
hinter der sich Zauber, Cyberware, Ausrüstung, Adeptenkräfte, Programme usw. verbergen. Es gibt weder ein umfassendes Grimoire, noch lange Ausrüstungskataloge, sondern eine kompakte Auswahl, um Zauber, Ausrüstung oder Cyberware als Vorteile mit eigenen Regeln erfassen. Hier bleibt Shadowrun Anarchy kompakt: Die klassischen 20+ Varianten von Pistolen werden auf ein paar Grundtypen reduziert. Tatsächlich verzichtet das Spiel sogar auf Preise und bindet Schattenbooster allein an Karma. So bringen Runs nur noch Karma, keine Nuyen. Die übliche Ausrüstungskurve, die stark vom Bezahlungsniveau des Spielleiters abhängt, fällt weg und mit einem Limit von sechs Schattenbooster
wird Powergaming eigentlich unmöglich.
Neu sind auch die Plotpunkte, denn Shadowrun Anarchy betont mehr die Erzählung, bei der Spieler einen größeren Einfluss auf die Handlung bekommen. Mit Plotpunkten können Spieler in dieser Erzählung Vorteile kaufen oder bestimmte Dinge leichter erreichen – andererseits kann auch der Spielleiter Plotpunkte einsetzen, um den Spielern einige Überraschungen zu bescheren. Der Fokus liegt auf einer gemeinsamen Erzählung, die die Rolle der Spieler stärkt. Natürlich hat Shadowrun Anarchy Regeln für Magie, Matrix oder Fahrzeuge, doch diese sind wie Kampf jeweils auf einer Handvoll Seiten untergebracht. Einen größeren Platz bekommen 30 Beispielcharaktere, die vor allem durch ihre Hintergrundgeschichten beschrieben sind und schicke neue Illustrationen haben. In diesem Stil wird auch die Metropole Seattle eingeführt und dem Spielleiter 30 Missionen gegeben, die kurz umrissen sind und eine große Bandbreite abdecken. Am Ende gibt es noch Konvertierungsregeln für Shadowrun 5.
Eines ist sicher: Shadowrun Anarchy wird die Spielergemeinde spalten. Für Fans der klassischen Regeln dürfte es zu leicht und frei sein: Die umfassenden Magieregeln, tonnenweise Cyberware und Waffen und komplexen Spezialregeln, auf die Veteranen ihre Charaktere aufgebaut haben, werden hier einfach gestrichen.
Für diejenigen, für die Shadowrun zu komplex geworden ist oder die einfach mal einen neuen Blick auf die Spielwelt haben wollen, eröffnet Shadowrun Anarchy eine faszinierende Perspektive. Der moderne, erzählerische Ansatz ist gut mit dem Setting verwoben. Man kann mit diesen Regeln auch ohne lange Vorbereitung direkt losspielen. Die Details der Charaktere oder auch in die in den Missionen angedeuteten Plots sind spannend.
Mir hat Shadowrun Anarchy persönlich sehr gut gefallen, denn der mutige Ansatz, ein Spielsystem komplett neu zu interpretieren, um es leichter zugänglich zu machen, hat mich überzeugt. Sicherlich wird es das klassische Shadowrun nie ersetzen, doch aus meiner Sicht ist es ein alternativer Einstieg für diejenigen, für die das Spiel bisher zu komplex war. (Björn Lippold)
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 65 (September/Oktober 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Critter Kompendium
Mit dem Critter Kompendium ist nun auch für die aktuelle Version von Shadowrun das klassische »Monsterhandbuch« erschienen. Im Vergleich zu den ersten Editionen ist dieses Handbuch aber kein klassischer Monsterkatalog, sondern schafft es, auf der einen Seite ein riesiges Arsenal an gefährlichen Kreaturen vorzustellen und auf der anderen Seite den Metaplot des Spiels voranzutreiben – nicht ohne spannendes Spiel- und Hintergrundmaterial zu liefern.
Das Buch beginnt mit einer allgemeinen Betrachtung zu Tieren und Monstern sowie dem Umgang der Menschen mit ihnen. Auch der Aspekt »Critter als Sicherheitsmaßnahme « wird genau beschrieben. Danach startet das Buch harmlos mit gewöhnlichen Crittern, also Tieren, sowie ein paar Schutzgeistern für Magier. Spätestens bei den paranormalen Tieren wird die Bedrohung hochgedreht und mit dem neuen Wert Aggro-Index kann man schnell erkennen, welche dieser Kreaturen wirklich übellaunig sind. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Metamenschlich-Vampiristischen-Virus gewidmet. Hier gibt es nicht nur eine gute Übersicht, sondern auch Hinweise darauf, dass sich im Metaplot einiges tut. Wem das Bedrohungsniveau bis hierhin immer noch nicht ausreicht, der kann mutierte oder toxische Critter einsetzen, die noch ein paar fiesere Eigenschaften haben. Danach geht es mit Crittern aus fremden Welten weiter, nämlich zunächst extraplanaren Reisenden – also Geistern und Feenwesen – sowie den Technocrittern, die mit der Matrix interagieren.
Protosapiente werden als Ausgeburten der Matrix präsentiert, und natürlich bekommen die Drakes auch ihr eigenes Kapitel. Den Abschluss machen die Kreaturen, die nach menschlichen Maßnahmen optimiert werden – also Chimären, Kriegsformen und Critter mit Cyberware. Eine praktische Übersicht aller Critter-Kräfte rundet den Band schließlich passend ab. Dass das Critter Kompendium als Monsterhandbuch für Shadowrun nach wie vor essenziell ist, muss wahrscheinlich nicht mehr erwähnt werden. Darüber hinaus bietet das Buch wieder neue Aspekte und zeigt eine viel größere Bandbreite an Wesen als bislang. Durch die In-Game-Texte, die Metaplot-Andeutungen und andere Entwicklungen, ist das Buch zudem viel lesenswerter als ein reiner Monsterkatalog. (Björn Lippold
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Die folgende Rezension ist ursprünglich in Mephisto 63 (Januar/Februar 2017) für die Softcover-Printausgabe erschienen.
Asphaltkrieger
Schon seit der ersten Edition von Shadowrun ist es Tradition, dass jeder Charaktertyp sein eigenes Quellenbuch bekommt. In dieser Hinsicht bilden auch die Rigger keine Ausnahme: Mit Asphaltkrieger ist der entsprechende Quellenband für Shadowrun in der 5. Edition erschienen.
Waren es zu Beginn von Shadowrun oftmals fast ausschließlich Fahrzeugkataloge, so ist die aktuelle Edition wie schon die vorherige mehr als eine reine Auflistung von Spielzeugen für Rigger. Tatsächlich beginnt das Buch damit, die Rolle von Riggern näher zu beleuchten und herauszuarbeiten, die praktisch und fast schon essenziell für jedes Team sind. Neben der Rolle der Rigger wird auch die Rolle der verschiedenen Fahrzeugtypen und deren Möglichkeiten beleuchtet.
Natürlich gibt es für die Charaktererschaffung ein wenig konkretes Spielmaterial (Vor- und Nachteile sowie Lebensmodule, wie sie in Schattenläufer verwendet werden). Auch die Rolle der verschiedenen Hersteller von Drohnen und die derzeitige Lage der entsprechenden Konzerne werden in einem entsprechenden Hintergrundkapitel beleuchtet. Regeltechnisch steht natürlich die Modifikation von Fahrzeugen und vor allen Dingen auch von Drohnen im Mittelpunkt. Doch auch die Regeln für Fahrzeugmanöver und andere Dinge werden entsprechend erweitert.
Der Hauptteil des Buches umfasst aber die Beschreibung für verschiedene Fahrzeuge. Hier findet man sowohl alte Bekannte, die zum Teil schon in der ersten Edition enthalten waren, als auch viele interessante Neuzugänge. Ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft – die Spielzeugkiste für Rigger hat viel zu bieten und deckt ein Spektrum ab, das vom kleinen Elektroroller bis zum waffensparenden Truck alles abdeckt. Interessante Neuzugänge sind beispielsweise zwei Luxusyachten, die allerdings weit außerhalb der Liga typischer Shadowrunner liegen dürften.
Ein besonderes Augenmerk wirft das Buch auf die Drohnen, für die gleich besonders viele Modelle mit einer extrem hohen Bandbreite vorgestellt werden. Von Miniaturdrohnen, die sich zur Überwachung eignen, über Drohnenpanzer und Fernlenkbomber bis zum menschlich aussehenden Roboter ist hier alles vertreten. Durch entsprechende Regeln können aus diesen Fahrzeugen von der Stange Sonderanfertigungen mit Spezialmodifikationen entstehen, die einem James Bond würdig werden.
Die Illustrationen im Buch sind gut gelungen und vermitteln ein plastisches Bild von den verschiedenen Fahrzeugen. Leider ist nicht jedes Fahrzeug mit einem Bild vertreten (wodurch dieser Band dann auch eher zum Bilderbuch geworden wäre), sodass einige Modelle der Fantasie des Spielers überlassen bleiben. Für Spielrunden, die Shadowrun in der 5. Edition spielen, ist Asphaltkrieger eine gelungene und sinnvolle Ergänzung zum Grundregelwerk. Für Spielrunden, die einen Rigger in ihrer Mitte haben, es Asphaltkrieger essenzielle Pflichtlektüre, und der Band zeigt in gelungener Weise, warum eine Spielrunde ein Rigger in ihrer Mitte haben sollten. (Björn Lippold)
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