https://www.teilzeithelden.de/2018/08/17/rezension-the-one-ring-oaths-of-the-riddermark-auf-reiter-thengels/
Lange Zeit hat in der Riddermark der gierige König Fengel regiert und mit seiner Politik das Königreich uneins gemacht. Nun ist ihm sein Sohn Thengel auf den Thron gefolgt. Der muss nicht nur den Angriffen von Dunländern und Orks begegnen, sondern auch eine Fehde zwischen seinen wichtigsten Heerführer schlichten.
Für jedes Quellenbuch für das Mittelerde-Rollenspiel The One Ring des Verlags Cubicle 7 erscheint später ein Abenteuerband. Oaths of the Riddermark ist der entsprechende Band zu Horse-lords of Rohan. Der Quellenband erschien bereits Anfang 2016, die Wartezeit war also relativ lang. Nun aber gibt es endlich sechs Abenteuer um das tapfere Reitervolk der Rohirrim und ihr Land zu erleben. Dabei dreht es sich insgesamt darum, das zerrissene Land, das unter dem Streit zwischen dem Herrscher der Westfold und dem Herrn der Eastfold leidet, für den König wieder zu einigen.
Für diese Rezension lag die PDF-Version vor.
Inhalt
Vor den Abenteuern gibt es eine kleine Einführung, die ein paar grundsätzliche Informationen vermittelt. So erfährt man, dass alle Abenteuer nach dem Jahr 2955 des Dritten Zeitalters spielen, ohne dass einzelne Jahre streng festgelegt werden müssten. Vor den Abenteuern selbst stehen aber genauere Vorschläge. Generell gibt es viele Tipps, wie man die einzelnen Szenarien, die auch alleinstehend verwendet werden können, zu einer Kampagne verbinden kann. Diese findet man im Anschluss, gefolgt von einem Anhang, der vor allem vorgefertigte Charaktere enthält.
Im Dienste der Mark – Die Abenteuer
Ab hier folgen Spoiler, weshalb nur potenzielle SpielleiterInnen diesen Teil lesen sollten.
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Blood in the Snow
Blood in the Snow ist als Einführungsabenteuer gedacht. Es beginnt mit der Ankunft der Gefährten in Edoras, wo sie gleich feststellen, dass alles, was Waffen trägt, sehr geschäftig ist. Ihren Auftrag erhalten sie mit zwei anderen Gruppen direkt vom Reeve (dt. Vogt) des Königs. Sie sollen Gehöfte untersuchen, auf denen Menschen und Pferde getötet wurden. Ihre Aufgabe führt die Gefährten an den Fuß der White Mountains. Dort untersuchen sie zwei zerstörte Höfe und finden ein Opfer der Angriffe, das ihnen gerade noch sagen kann, dass eine schreckliche Bestie dahintersteckt. Sie folgen dem Hinweis in die Berge, wo sie zunächst auf eine Gruppe Dunlendings (dt. Dunländer) treffen, die ihnen Verbündete sein können. Anschließend geht es daran, die Bestie, einen Snow-Troll, zu erledigen. Dabei taucht eine der anderen Gruppen auf, nur damit ihr Anführer ein grausiges Ende findet.
Dieses Abenteuer ist fast ein Totalausfall. Dass es extrem geradlinig ist, gehört dazu. Es gibt quasi keinen Grund für die Gruppe, von der vorgegebenen Struktur abzuweichen. Besonders schwach ist der „Ermittlungsteil“ bei den Höfen. Beim ersten Hof gibt es nichts zu entdecken, was die Gruppe weiterführt, dabei hat man sogar eine Karte des Hofs abgedruckt. Und beim zweiten wartet dann ein tödlich Verwundeter, der dort nur liegt, um mit seinem letzten Atemzug zu sagen, was los ist und wo es jetzt langgeht. Ähnlich unlogisch ist die Begegnung mit den Dunlendings, die ebenfalls nur auf die Gefährten gewartet zu haben scheinen, und das, obwohl sie die Bestie selbst jagen. Merkwürdigerweise lagern sie seit mehreren Tagen am einzig möglichen Weg für den Troll, doch muss der eigentlich währenddessen dort durchgezogen sein.
Auch die anderen Gruppen, die mit dem gleichen Ziel losgeschickt wurden, sind wirklich überflüssig. Die eine taucht gar nicht mehr auf, die andere ploppt am Ende auf, nur um sich blödsinnig zu verhalten. Auch wird das vorbestimmte Ende ihres Anführers sicher bei keiner Gruppe so umzusetzen sein, schlicht weil die SC vorher reagieren würden. Und das sind leider nicht alle Punkte, die unstimmig sind.
Red Day Rising
Zu Beginn von Red Day Rising befinden sich die Gefährten an der Tafel König Thengels, wo sie nach einer Diskussion über Tugenden vom Königspaar zu Boten ernannt werden. Sie sollen dabei helfen, die Fehde des Second Marshal Éogar mit dem Third Marshal Cenric durch eine politische Hochzeit zu beenden. Sie können die beiden Marshals in beliebiger Reihenfolge aufsuchen. Auf dem Weg nach Osten zu Cenric gilt es, einen Streit zwischen Anhängern der Konkurrenten zu schlichten. Am Camp des Third Marshal angekommen, bricht ein Sturm los, der die Rinderherden dort in Panik versetzt und eine Stampede auslöst. Erst anschließend treffen die Gefährten den Marshal und Esmund, also denjenigen, der heiraten soll. Die Braut, die Schildmaid Mildryd, verweilt bei ihrem Herrn Éogar. Dessen Frau wurde von Dunlendings entführt, und so sie nicht gerettet wird, ist an eine Hochzeit nicht zu denken. An Ende können die Gefährten hoffentlich Esmund und Mildryd an der Entwade vereinen.
Der Anfang ist zwar gut ausgebaut, wirkt allerdings auch aufgesetzt. Auch wird vorausgesetzt, dass Thengel die Gefährten nicht nur schon kennt, sondern auch Vertrauen zu ihnen hat. Grundsätzlich basiert dieses Abenteuer auf Begegnungen, alle gut beschrieben, mit verschiedenen NSC. Das ist eine Abwechslung zu normalen Abenteuern, man sollte aber als SpielleiterIn vorsichtig sein, damit es nicht ermüdend wird. Dafür haben es die beiden anderen Aufgaben, die Stampede und die Rettung der Frau des Marshals, in sich. Beide sind sehr gefährlich für die Gefährten. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Mission insgesamt scheitert. Insgesamt ein gelungenes Diplomatie-Abenteuer.
Wrath of the Riders
In Wrath of the Riders verlangt der König vom Second Marshal Éogar zu dessen Unmut, mit den Dunlendings Frieden zu schließen. Als Botschafter hat Éogar die Gefährten auserkoren. Auf ihrem Weg ins Red Moor stellen sie fest, dass auch das Volk der Rohirrim gespalten darüber ist, ob man Frieden mit den Dunlendings schließen soll. Bald erfahren sie, dass die einfachen Dunlendings unter den Kämpfen leiden und noch dazu von Orks geplagt werden. Nach einem langen Weg durch das Red Moor erreichen die Gefährten Trefa, das Hauptdorf des Iron-folk-Stammes, wo sie nach zusätzlichen Prüfungen mit dem Häuptling sprechen können. Doch nicht nur der hat etwas dabei zu sagen, sondern auch die Barrow-witch, eine weise Frau, die in einer Prophezeiung verkündet, dass die Gefährten Unheil vom Stamm abwenden können. Willigen sie ein, was ihre Verhandlungsposition enorm stärkt, dann werden sie auf eine Queste geschickt, um einen bösartigen Pferdegeist zu erschlagen, der die Iron-folk schon lange plagt.
Dieses Abenteuer ist wirklich gut konstruiert, wieder mal bis auf den Einstieg. Es ist sehr stimmungsvoll und voller Abwechslung, genau wie man es sich wünscht. Besonders gut gefällt mir, dass die Dunlendings hier greifbar beschrieben werden, auch wenn der Iron-folk-Stamm schon etwas speziell ist. Wieder werden die SC nicht geschont und es gibt ausreichend Möglichkeiten, wie ein unvorsichtiger Rohirrim bei seinen Ahnen landet. Interessanter wird das Abenteuer noch dadurch, dass Elemente aus dem Vorangegangenen aufgegriffen werden. Leider werden nicht alle Anknüpfungspunkte in späteren Abenteuern genutzt.
Black Horses, Black Deeds
Diesmal ist es Marshal Cenric, der die Gefährten in Black Horses, Black Deeds auf eine Mission schickt. Während er selbst sich um einfallende Orks kümmert, sollen sie Banditen zur Strecke bringen, die mordend und pferderaubend durch seine Länder ziehen. Ihr Weg führt sie zuerst ins Dorf Stotfold, wo sie den „Überlebenden“ eines Überfalls, Berevir, befragen können. Diese etwas fragwürdige Gestalt war, was die Gefährten jetzt schon herausfinden können, der alte Anführer der Banditen, der nun Buße für seine Verbrechen tun will. Folgen sie seinen Hinweisen, mit oder ohne seine Begleitung, dann finden sie ein Hügelgrab, in dem ein Bandit, der versucht hat, es zu plündern, vor dem rachsüchtigen Geist eines Pferdeherren gerettet werden muss. Wenig später treffen sie auf zwei von Cenrics Spähern, die Hilfe dabei brauchen, finstere Händler im Dienst des Feindes auszuschalten, die die gestohlenen Pferde bei sich haben. Nachdem sie auf dem Weg weitere Späher aus einem Hinterhalt gerettet haben, finden die Gefährten letztlich das Lager der Banditen, einen alten Turm. Dort kommt es zum Finale, und der neue Anführer der Banditen muss geschnappt werden. Zum Schluss gilt es, zurück am Hof des Königs, über Berevirs Schicksal zu entscheiden.
Im Grunde ist dieses Szenario eine lange Verfolgung von Banditen, bei der immer wieder damit zusammenhängende Ereignisse stattfinden. Der Verlauf ist dabei nicht besonders originell, funktioniert aber. Die Szene mit dem Geist im Hügelgrab wirkt leider wie ausschließlich um der Abwechslung Willen eingebaut und hat mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun. Die Begegnung mit den Händlern des Feindes ist auch nicht besonders gut dargestellt. Kampf wird als einzige Option geliefert, obwohl gerade hier Diplomatie spannend wäre. Insgesamt überzeugt Black Horses, Black Deeds weniger.
Below the Last Mountain
Zu Beginn von Below the Last Mountain treffen sich Éogar und Cenric endlich in der Westfold, um auf Befehl des Königs ihre Fehde zu beenden. Doch die Situation wird unterbrochen, als eine Reiterin von Dunlendings berichtet, die in großer Zahl ins Land kommen. Als neutrale Partei werden die Gefährten losgeschickt, um mit Männern beider Anführer die Eindringlinge zu beobachten. Schnell stellt sich heraus, dass die Dunlendings Flüchtende sind, keine Plünderer. Orks haben sie vertrieben und Sklaven genommen. Die Gefährten müssen diese Gefahr beseitigen, gleichzeitig aber darauf achten, dass die Reiter auf dem Weg keine Dunlendings abschlachten. Nach einer harten Verfolgung durch die Berge, die einige Ablenkungen und Schwierigkeiten bietet, kann die Gruppe die Orks einholen. Nach einem harten Kampf sind die Sklaven hoffentlich befreit. Nicht nur die Gruppe der Gefährten hat diese Orks verfolgt, sondern auch einige Krieger der Wulflings, ein Volk mit Blut von Rohirrim und Dunlendings in seinen Adern. Diese können zu Feind oder Freund werden. Doch gab es nicht nur eine Gruppe Orks. Eine zweite, weit größere ist auf dem Weg zu den Gefährten, und es heißt sich ihnen entgegenzustellen oder mit den Befreiten zu fliehen.
Wie im vorherigen Szenario geht es hier um die Verfolgung von Feinden. Doch Below the Last Mountain macht es meiner Meinung nach deutlich besser. Die Begegnungen auf dem Weg wirken organischer, die ganze Mission wichtiger, und generell kommt mehr Spannung auf. Gut gefällt auch, dass der Anfang auf vergangene Entscheidungen eingeht, auch wenn dies keine großen Auswirkungen hat. Und die Taten in diesem Szenario beeinflussen die Vorgänge der Zukunft.
The Woes of Winter
Zu guter Letzt soll in The Woes of Winter endlich die Hochzeit von Mildryd und Esmund in Edoras stattfinden und damit die Fehde der Marshals endgültig beendigt werden. Als mittlerweile Vertraute des Königs sollen die Gefährten in der Stadt dafür sorgen, dass sich die Parteien im Vorfeld nicht an die Gurgel gehen. Keine leichte Aufgabe, zumal ein Mord geschieht und auch das Pferd der Braut durch Betrunkene zu Tode kommt. Als die Nachricht einer einfallenden Horde aus Orks und Dunlendings Edoras erreicht, müssen die Gefährten mit dem König ein weiteres Mal die Marshals zur Ordnung rufen. Mit den Gefährten, die hoffentlich viele Verbündete gesammelt haben, kommt es zu einer entscheidenden Schlacht gegen einen mächtigen Orkhäuptling, die das Schicksal der Mark über Jahre prägen wird.
Das Finale bietet einiges an Abwechslung, da es sich im ersten Teil mit der Hochzeit beschäftigt, bis dann unerwartet eine große Gefahr auftaucht. Beides ist gut beschrieben und unterscheidet sich deutlich von den anderen Abenteuern in diesem Band. Wenn gut umgesetzt, kann es wirklich ein krönender Abschluss dieser Kampagne sein.
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Der Anhang
Als Anhang gibt es eine einseitige Übersicht mit NSC, die in den einzelnen Abenteuern vorkommen. Durchaus praktisch.
Den größeren Teil bilden sechs vorgefertigte Charaktere, drei weibliche und drei männliche, die direkt für die Abenteuer verwendet werden können. Es sind allesamt Rohirrim, wie für die Kampagne empfohlen, die aber deutlich unterscheidbar sind und alle illustriert wurden.
Erscheinungsbild
Am Layout der TOR-Publikationen gab es bisher kaum etwas zu beanstanden, und das ändert sich auch hier nicht. Der zweispaltige Text ist gut lesbar und wird immer wieder durch Textkästen oder Illustrationen aufgelockert. Letztere sind ganz ausgezeichnet und unterstreichen die Abenteuer gut. Gerade die Bleistiftzeichnungen, die es für NSC gibt, gefallen mir sehr. Im PDF laden die Seiten zügig, wenn man den Zoom nicht zu groß einstellt.
Bonus/Downloadcontent
In der PDF-Version sind die Karten, die sich normalerweise im Einband befinden, gesondert als PDF beigefügt. Eine davon zeigt die Wege, die die Gefährten in den Szenarios mutmaßlich nehmen werden.
Fazit
Wie macht sich der Band Oaths of the Riddermark insgesamt? Ganz gut, finde ich! Nur eines der Abenteuer muss man als Totalausfall bezeichnen: An Blood in the Snow stimmt fast nichts. Nachdem ich den Band zu Ende gelesen habe, ist mir allerdings klar, dass dieses Szenario ein reiner Lückenbüßer ist. Es sollte wahrscheinlich die Seitenzahl erhöhen, wird aber in keinem anderen Abenteuer referenziert. Der Rest ist mindestens solide, meistens aber sehr gelungen. Gerade Wrath of the Riders ist wirklich toll. Ein Szenario, das ich unbedingt einmal spielen möchte!
Meiner Meinung nach entfalten Abenteuer ihre Wirkung erst, wenn man sie als Kampagne spielt. Dazu hätte man sich bessere, direktere Verknüpfungen gewünscht, aber eine halbwegs erfahrene SpielleiterIn wird da keine wirklichen Probleme haben.
Letztlich ist dieser Band für alle etwas, die erstens Rohan-Fans sind und zweitens Abenteuer mit hohem Politik- und Diplomatieanteil mögen. Wer sich darin wiederfindet, kann auch bei dem recht hohen Preis zugreifen. Eine Kampagne von der Wirkungsmacht eines The Darkening of Mirkwood ist es nicht, aber das Hauptthema, die Beendigung der Fehde zwischen dem Second Marshal Éogar und dem Third Marshal Cenric, wird gut abgehandelt.
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