http://www.teilzeithelden.de/2018/01/27/rezension-coriolis-the-dying-ship-die-erste-mission/
Vor gut einem Jahr erschien Coriolis auf dem Rollenspielmarkt und machte mit seinem orientalisch angehauchten SciFi-Setting sowie seinem schlanken Regelwerk einen sehr guten Eindruck. Mit The Dying Ship ist inzwischen das erste Abenteuer erschienen. Taugt es zum Einstieg? Erfahrt es im Artikel und kommt mit in den Dritten Horizont!
Coriolis wagt den Spagat zwischen mystischer Vergangenheit und ferner Zukunft. Das Hintergrundsetting ist der Dritte Horizont, eine durch Sprungportale verbundene Ansammlung von Sternensystemen, die vor Jahrhunderten von mutigen Menschen besiedelt wurde. Eine eigene Kultur entwickelte sich, die an den irdischen Orient erinnern soll und mit Referenzen an Tausendundeine Nacht gespickt ist. Nach einem verheerenden Krieg mit den Reichen des Zweiten Horizonts und dem Imperium des Ersten Horizonts, in dem sich Al-Ardha, die sagenumwobene Wiege der Menschheit, befinden soll, versank der Dritte Horizont in friedvoller, aber auch trostloser Dunkelheit.
Die Menschen erzählten sich mit gedämpfter Stimme, dass Dschinne zwischen den Sternen auf arglose Reisende lauern und nur fromme Gebete in Richtung der Neun Ikonen vor dem drohenden Chaos schützen würden. Dann tauchte die Zenith auf, vor Jahrhunderten von Al-Ardha aus aufgebrochen, um ohne die damals unbekannten Sprungportale das All zu besiedeln. Die Tatkraft der Zenithianer brachte Bewegung in den Dritten Horizont: Sie bauten ihr gigantisches Schiff in eine Raumstation um und machten sie zum gesellschaftlichen Zentrum aller Fraktionen. The Dying Ship ist nach einigen Einstiegsabenteuern im Grundregelwerk und den Schnellstartregeln die erste Möglichkeit, den Dritten Horizont – oder zumindest einen Ausschnitt davon – als Spieler kennenzulernen.
Inhalt
Das Abenteuer beginnt stilgerecht auf der namensgebenden Raumstation Coriolis. Da in dem Regelwerk vorausgesetzt wird, dass die Spielercharaktere die Crew eines Raumschiffs bilden, ist dies auch im Abenteuer die Ausgangslage. Die Raumfahrer suchen Arbeit und bekommen einen lukrativen Bergungsauftrag versprochen. Details gibt es im Spielerkasten:
[spoiler]Die Raumfahrer sollen einen verschollenen Eistransporter ausfindig machen. Direkt zum Einstieg gibt es eine charmante Szene zu überstehen: Beim Auftraggeber nämlich, der in einer Bar wartet, hockt bereits eine andere Gruppe, die sich als die Spielercharaktere ausgibt, um ihnen den Job wegzuschnappen. Das Warum bleibt zunächst unklar, aber dem erfahrenen Abenteurer sollte da bereits dämmern, dass mehr hinter dem Auftrag steckt, als es zunächst den Anschein hat.
Und tatsächlich: Der Eistransporter wurde von einigen Crew-Mitgliedern zum Schmuggeln missbraucht und die Söldner, die sich anfangs den Job hatten erschleichen wollen, arbeiten für das Verbrechersyndikat, das diese geheime Ladung gerne wieder zurück hätte. Auch der Auftraggeber ist nicht der einfache Konzernangestellte, der er zu sein vorgibt: Bei ihm handelt es sich um einen Exorzisten. Kurz bevor der Eistransporter verloren ging, konnte er noch in einem Notruf mitteilen, dass sich ein Dschinn aus dem Eis befreit hatte, welches das Schiff transportierte. Der Exorzist soll deswegen eine Crew anheuern und den Dschinn diskret beseitigen.
Ja, Dschinne gibt es wirklich und einer davon hat vor Jahrhunderten die Kontrolle über eine raumfahrende Prinzessin (ja, auch die gibt es wirklich in Coriolis!) und ihr Gefolge übernommen. Inzwischen ist auch ein Teil der Schiffscrew unter die Kontrolle des Dschinns geraten, während andere noch um ihr Überleben kämpfen. Kurzum: Die Charaktere gelangen ins Innere des Schiffs und geraten zwischen den Dschinn und seine Diener, schießwütige, aber unter Umständen hilfreiche Überlebende und schließlich die Söldner, die immer noch hinter der Schmuggelware her sind.[/spoiler]
Der Ausgang des Abenteuers ist sehr offen gestaltet. Nach einem Kapitel zur Einführung werden im zweiten Kapitel die Örtlichkeiten und die dort möglichen Ereignisse vorgestellt. Kapitel Drei ist schließlich eine Zusammenfassung verschiedener möglicher Enden.
Ohne zu viel vorwegzunehmen möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass das Abenteuer vom Aufbau und Inhalt her sehr stark an das Abenteuer aus den Schnellstartregeln erinnert. Die Unterschiede sind eher kosmetischer Natur und das Abenteuer kann sich in ähnliche Richtungen entwickeln. Wem also das Abenteuer aus den Schnellstartregeln von seinem Aufbau und seiner Machart her nicht zusagt, der sollte besser auch die Finger von The Dying Ship lassen.
Es sind übrigens auch fünf Archetypen enthalten, die mit denen aus den Schnellstartregeln identisch sind.
Erscheinungsbild
Coriolis, das muss man sagen, hat insgesamt qualitativ hochwertige Illustrationen. Man muss aber auch anmerken, dass diese Illustrationen austauschbar wirken. Das Titelbild ist da ein gutes Beispiel, so ein richtig spezielles Coriolis-Feeling hat sich bei mir bisher nicht eingestellt. Das kann aber auch daran liegen, dass es bei mir persönlich noch nicht geklickt hat. Immerhin, in The Dying Ship sind endlich mal richtig viele Bilder zu Nichtspielercharakteren abgebildet, durch die man einen guten Eindruck bekommt, was einen im Dritten Horizont so erwartet.
Was Layout und Struktur angeht, gibt es hier fast nichts zu meckern. Auch der schlichte Plan zum titelgebenden Schiff weiß zu gefallen.
Fazit
Das Abenteuer beinhaltet einige nette Momente und kann bequem an einem Abend durchgespielt werden. Es ist übersichtlich und bietet zugleich einiges an Handlungsfreiheit. Der Spielleiter muss dementsprechend etwas mehr vorbereiten als bei anderen Kaufabenteuern üblich, beziehungsweise muss er spontan auf die Handlungen der Spieler reagieren können. Etwas unglücklich ist, dass das Abenteuer aus den Schnellstartregeln beinahe identisch aufgebaut ist.
Zwar bietet The Dying Ship mehr Details und natürlich eine andere Hintergrundgeschichte, aber gerade bei einer Einsteigergruppe, die nach dem Abenteuer aus den Schnellstartregeln direkt weiterspielen möchte und dann The Dying Ship beginnt, dürfte sich Ernüchterung breitmachen, wenn sie auf einen ähnlichen Plot stoßen. Ansonsten macht das Abenteuer einen durchaus guten Eindruck und besticht durch seinen relativ offenen Plot.
Artikelbilder: Modiphius
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