http://www.teilzeithelden.de
Jahrhunderte überdauerten die Bewohner der Provinz Barsaive in unterirdischen Zufluchten die Verwüstung durch die Schrecken aus den Weiten des Astralraums. Nun jedoch hat das magische Niveau nachgelassen und die Namensgeber beginnen, ihre Welt zurückzuerobern.
Seit seiner Ersterscheinung im Jahre 1993 hat FASAs Rollenspiel Earthdawn schon diverse Editionen unter verschiedenen Verlagen gesehen. Nachdem 2012 Fasa Games diese Lizenz von RedBrick LLC übernommen haben, wurde die seit 2009 aktuelle dritte Edition nun einer erneuten Revision unterzogen. Besteht die Gesamtreihe der 3e-Regelwerke mit Player’s Guide und Companion und Game Master’s Guide / Companion aus insgesamt vier Bänden, so ist mit der Publikation des Earthdawn Revised 3rd Edition Player’s Guide Ende 2012 der erste Teil erschienen.
Die Überarbeitung des englischen Spielerhandbuchs ist als pdf über DriveThruRPG erhältlich, die Druckvariante als Softcover bietet FASA Games selbst auf ihrem Webshop an. Diese Rezension basiert auf der elektronischen Fassung.
Erscheinungsbild
Äußerlich gibt sich die neue Fassung des Player’s Guide sehr spröde und rein zweckmäßig. Bis auf den farbigen Einband ist das gesamte Dokument in schwarz/weiß gehalten; der eigentliche Textteil wird zwar von zahlreichen – und schon aus älteren Versionen bekannten – Illustrationen aufgelockert, Zierleisten oder ähnliche Elemente sucht man allerdings vergebens. Auch orientiert sich der Satz des gesamten Dokuments sehr eng an der Aufteilung der Vorgängerausgabe. Wie auch diese vereint der Player’s Guide in der Revised Edition die Inhalte mehrerer Regel- und Quellenbücher der ersten Edition, was sich auch im Umfang von 338 Seiten widerspiegelt.
Der 9.5 Punkt große Text ist zweispaltig angeordnet und gut lesbar, allerdings wünscht man sich oft großzügigere Umbrüche – so beispielsweise bei der Beschreibung der Disziplinen - da die Seiten meist einen sehr gedrängten Eindruck machen und wenig Vergnügen beim Lesen bereiten.
Das pdf ist mit ausführlichen Lesezeichen versehen, die die Suche nach allen möglichen Regeln oder Charakteroptionen sehr vereinfachen. Für Freunde gedruckter Dokumente hilft ein umfangreicher achtseitiger Index beim Auffinden spezieller Abschnitte.
Die Spielwelt
Seit seiner Erstveröffentlichung trumpft Earthdawn mit seinem stimmungsvollen und inspirierenden Setting, das diverse Gemeinplätze des Fantasyrollenspiels wie etwa das Plündern monstergeplagter Verliese in einen stimmigen Kontext setzt.
Vor Tausenden von Jahren durchdrang die Magie noch die ganze Welt und war für jeden alltäglich. Astrale Muster verkörperten die Essenz eines jedes Dings vom alltäglichen Zauberspruch über machtvolle Artefakte bis hin zu allen Lebewesen; magische Fäden vermochten diese Muster miteinander zu verbinden.
Mit der Zeit jedoch stieg das arkane Niveau so stark an, dass den sogenannten Schrecken (engl. Horrors) , unheilvolle Wesenheiten aus dem Astralraum, der Weg in die Welt geebnet wurde. Durch die Prophezeiung der bevorstehenden Geißel, in der die Schrecken das Land und die Völker der Namensgeber verheeren würden, konnten die Gelehrten der Ewigen Bibliothek aber ergründen, wie man sich vor dieser Verwüstung in Zitadellen und unterirdischen Caers würde verstecken können.
Das um die Bibliothek entstandene Thera ließ sich dieses Geheimnis teuer bezahlen und stieg so zu einem mächtigen Imperium auf. Auch die Provinz Barsaive, der Schauplatz von Earthdawn, geriet so unter theranische Herrschaft, wenn auch das zwergische Königreich von Throal viel von den Verwaltungstätigkeiten übernahm.
Fast sechshundert Jahre versteckten sich die Völker der Namensgeber – neben den bekannten Fantasyrassen der Menschen, Elfen, Zwerge und Orks auch die Trolle, die steinernen Obsidianer, die echsischen T’Skrang und die feenhaften, übermütigen Windlinge – bis das Niveau der Magie weit genug gefallen war und man sich schließlich wieder zaghaft an die Oberfläche wagte. Barsaive war nun nicht mehr, wie man es vor dem Schließen der Tore kannte. So sind nun wagemutige Helden gefordert, um die Provinz endgültig wieder zurückzuerobern.
Denn noch immer befinden sich etliche Schrecken in der Welt, um das Land und den Geist der Namensgeber zu vergiften; und viele Caers sind noch versteckt und verschlossen, während andere dem Ansturm während der Geißel nicht standhalten konnten und nun mit den Hinterlassenschaften ihrer besiegten Bewohner locken. Auch schwelt ein sich verstärkender Konflikt zwischen Thera und Throal, denn das Zwergenkönigreich hat sich inzwischen für unabhängig erklärt und die vom Imperium praktizierte Sklaverei abgeschafft.
Im Revised Player’s Guide beschränkt sich dieser reiche Hintergrund allerdings auf nur auf zwei Kapitel. Eines beschäftigt sich mit den magischen Konzepten von astralen Mustern und den sie verbinden Fäden; das abschließende Kapitel wiederum gibt einen umfassenden, wenn auch knappen Überblick über die Örtlichkeiten der Provinz Barsaive und die gegenwertigen Machtverhältnisse. Die ausführlichen Details über diese Region finden sich – so die bisherige Aufteilung der 3rd Edition beibehalten wird – im für Q2/2013 angekündigten Revised Gamemaster’s Guide.
Die Regeln
Während der Player’s Guide zwar sämtliche zum Spielen nötigen Regeln beinhaltet, so finden sich in dieser Veröffentlichung dennoch nur die genauen Daten für Aufstiege der Charaktere bis zum 8. Kreis (das Level). Die fehlenden Listen bis zum höchsten 15. Kreis werden im Revised Player’s Companion nachfolgen, für das bis jetzt allerdings noch kein Veröffentlichungstermin bekanntgegeben wurde.
Earthdawn steht bei seinen Regelparadigmen klar in der Tradition von Dungeons & Dragons, vermag diese aber wesentlich stimmiger mit dem Hintergrund zu verknüpfen. Die Grundmechanismen sind seit der ersten Ausgabe die gleichen und nur in Details verändert worden. Wer nur an den Änderungen zur Erstfassung der 3rd Edition interessiert ist, findet weiter unten einen ausführlichen Abschnitt zu eben dieser Frage.
Disziplinen
Alle Spieler übernehmen die Rolle eines Adepten, für den seine Disziplin – die von der Aufstiegsprogression streng reglementierte Entsprechung von Klassen – weit mehr ist als nur ein reines Handwerk. Stattdessen repräsentiert sie seinen Blick auf das wahre Wesen der Welt, und er vermag intuitiv in Form von Talenten die stets präsente Magie seiner Umgebung in sein Tun einzubinden, die damit rein erlernten Fähigkeiten weit voraus sind.
Der Player’s Guide stellt 15 Disziplinen zur Auswahl, darunter klassische Vertreter wie den Warrior, Thief oder Scout, aber auch unüblichere wie den Weaponsmith, Cavalryman oder Air Sailor. Magische Disziplinen werden durch den Elementalist, Illusionist, Nethermancer und Wizard abgedeckt.
Die verfügbaren Talente sind klar nach dem bereits erreichten Erfahrungskreis – der Entsprechung von Stufen – für jede Disziplin aufgelistet. Neben fest bestimmten Talenten, die ein Adept auf gewissen Kreisen automatisch erlernt, gibt es in regelmäßigen Abständen neue Talentoptionen mit einer ebenfalls für jede Disziplin unterschiedlichen Auswahl von Talenten, durch die man die eigene Figur individualisieren kann.
Steps
Jeder Charakter verfügt über die 6 Attribute Dexterity, Strength, Toughness, Perception, Willpower und Charisma, von denen diverse Sekundärattribute wie Verteidigung, Rüstung oder Lebenspunkte abgeleitet werden.
Zentrales Element von Earthdawn ist die Ableitung der Attributswerte in die sogenannten Steps. Der Step bestimmt, welche Würfel bei einer Probe gewürfelt werden. Dabei nimmt sowohl die Anzahl der Würfel als auch deren Seitenzahl stetig zu; so etwa 1W6 bei Step 4, 2W6 bei Step 8 oder D10+D8 bei Step 11. Bei jedem Vielfachen des Steps von 7 wiederholen sich die Würfel von Step 8 bis 13, nur das ein entsprechendes Vielfaches von W12 hinzukommt.
Würfel bei Earthdawn „explodieren“; zeigt ein Würfel also die höchstmögliche Augenzahl, so kann dieser ein weiteres Mal geworfen und zum Gesamtergebnis hinzuaddiert werden.
Dieses Stepsystem ist seit jeher ein typisches Element von Earthdawn, ist allerdings gerade während der Eingewöhnung in das System sehr unintuitiv, so dass ein kleiner Spickzettel mit allen Steps und dazugehörigen Würfeln für den Spielfluss unbedingt angeraten ist.
Auch sorgt dieses System für große Streuung bei den möglichen Probenergebnissen, für die der Spielleiter einen Zielwert bestimmt. Übertrifft eine Probe den Zielwert um ein bestimmtes Vielfaches, so kann es sein – etwa bei bestimmten Talenten oder auch im Kampf –, dass sich der Effekt der Probe steigert. Eine genaue Festlegung des Zielwerts nach Schwierigkeitsgrad gibt es nicht, diese Skala ist nach oben offen.
Talente und Fertigkeiten
Kernstück der Adepten sind deren Talente, die intuitiv magischen Fertigkeiten, die diese Charaktere definieren. Diese umfassen sowohl grundsätzliche Kampffertigkeiten wie Melee Weapons, Ranged Weapons oder das die Lebenspunkte steigernde Durability, aber auch spezifische Sonderfertigkeiten wie etwa die Trap Initiative des Rogue, Animal Bond des Rogue oder Spellcasting des Wizard. Die Talente sind dabei fest an die einzelnen Kreise – das Äquivalent zu Erfahrungsstufen – gebunden und können somit erst sukzessive erlernt werden. So erlernen beispielsweise alle außer den magiebegabten Disziplinen erst mit dem vierten Kreis, selbst magische Fäden an Artefakte zu weben – dazu unten mehr.
Der Rang, also Zahlenwert in einem bestimmten Talent, wird bei einer Probe auf den Step des dazugehörigen Attributs addiert und erhöht somit die Anzahl/Seitenzahl der zu werfenden Würfel. Auch erlauben oder verlangen einige Talente des sogenannten Karma, mit dem man einen zusätzlichen W6 bei einer Probe hinzufügen kann.
Fertigkeiten (Skills) hingegen sind durch langwierige Praxis erlernt. Viele Fertigkeiten entsprechen in Titel und Wirkung oben beschriebenen Talenten, sind aber – dazu unten mehr – kostspieliger zu steigern. So wird aber Adepten der Zugriff auf Fähigkeiten ermöglicht, den ihre Disziplin eben nicht durch ein Talent abdeckt.
Kampf
Das Kampfsystem nutzt den bereits beschriebenen Kernmechanismus: Als Zielwurf für eine Angriffsprobe mit dem passenden Talent oder der passenden Fertigkeit dient der entsprechende Verteidigungswert des Gegners. Vom Schaden – hier liefert die Waffe einen Bonusrang auf den Stärke-Step – wird noch die Rüstung des Gegners abgezogen, besonders gute Erfolge können die Rüstung auch durchdringen. Treffer, die über einer vom Toughness-Attribut bestimmten Wundschwelle liegen, richten zusätzlich eine Wunde an, die die Heilung erschwert und ab der zweiten solchen Verletzung auch die Steps eines Charakters senkt.
Bei den Lebenspunkten wird zwischen dem Unconsciousness-Rating und dem höheren Death-Rating unterschieden. Übersteigt der erlittene Kampfschaden ersteres, so ist der Charakter bewusstlos; ist auch der zweite Wert überschritten, ist er tot.
Spezielle Kampfmanöver – unabhängig von diversen Talenten, die bestimmten Disziplinen zur Verfügung stehen – wie etwa defensive Haltung oder gezielte Schläge bieten zusätzliche taktische Optionen.
Spruchmagie
Die vier Magierdisziplinen verfügen alle über ausführliche Spruchlisten, die analog zum Aufstieg in den Disziplinen fest nach Kreisen gestaffelt sind. Wegen der Verseuchung des Astralraums durch die Schrecken während der Geißel ist es allerdings zu gefährlich geworden, Magie spontan zu wirken. Somit müssen Magier einzelne, die verwendete astrale Energie reinigende Spruchmatritzen – jede einzeln als Talent erlernbar – vorhalten, in denen jeweils ein Spruch abgelegt und beliebig oft gewirkt werden kann. Einen Spruch auszutauschen dauert einige Minuten, kann aber gegen eine Probe auch spontan erfolgen. Earthdawn schafft so einen stimmungsvollen Spagat zwischen einem umfangreichen Spruchepertoire und der Limitierung der einsetzbaren Zauber.
Zum Wirken eines Spruchs ist ebenfalls eine Probe auf das Spellcasting-Talent laut Angaben der Spruchbeschreibung fällig, die auch den bei Gelingen eintretenden Effekt beschreibt.
Eine gefährliche Alternative zu Matritzen – neben dem Einsatz roher astraler Energie, die mit Sicherheit einen Schrecken anlockt – ist das Zaubern direkt aus magischen Grimoires, oder das Speisen eines Spruchs mit der eigenen Lebenskraft, der sogenannten Blutmagie. Tatsächlich gibt es sogar zahlreiche mindere magische Gegenstände, die sich zuerst derart aufladen, um sich dann zu einem späteren Zeitpunkt ihren Effekt freizugeben.
Artefakte und magische Muster
Mächtigere und besonders einzigartige Artefakte schließlich verlangen besonderen Einsatz von einem Helden. Ab dem vierten Kreis sind Charaktere in der Lage, selbst Fäden zu den Mustern solcher Fundstücke zu weben; um dessen schlummernde Effekte zu nutzen. Denn im Gegensatz zu anderen Fantasyrollenspielen sind diese Gegenstände nicht einfacher „Loot“, statt dessen muss der Finder sich in die Geschichte des Artefakts einarbeiten – was mitunter allein der Aufhänger für ein Abenteuer sein kann - um nach und nach dessen Fähigkeiten zu ergründen.
Neben den natürlichen astralen Mustern, die allen Dingen innewohnen, haben Heldengruppen zusätzlich die Möglichkeit, ein solches Muster für ihre Gemeinschaft zu erschaffen und für jedes Mitglied an einen persönlichen Symbolgegenstand zu binden. Durch das Weben von Fäden an dieses Muster können die einzelnen Recken dann im Zusammenspiel der Gruppe zusätzlich ihre Fähigkeiten steigern.
Charaktererschaffung und -entwicklung
Die Erschaffung eines eigenen Charakters erfolgt durch die Zuweisung diverser Punkte zu dessen Werten und Fähigkeiten. Insgesamt geht dieser Prozess recht schnell von der Hand und gerät nur durch die Fülle an Auswahlmöglichkeiten ein wenig ins Stocken.
Charaktererschaffung
Für jedes der acht Völker der Namensgeber – Menschen, Zwerge, Elfen, Orks, Trolle, Obsidianer, T’Skrang und Windlinge – werden neben eventuellen Sonderfähigkeiten die Startwerte der Attribute angegeben, die dann mit 25 Attributspunkten zusätzlich gesteigert werden können. Je höher die eigentliche Steigerung ausfällt, desto höher sind auch die Kosten an Attributspunkten. Ungenutzte Punkte dürfen alternativ für zusätzliches Karma ausgegeben werden.
Anschließend werden die jeweiligen Steps und die Sekundärattribute wie Verteidigungswerte, physische/mystische Rüstung, Lebenspunkte oder die Wundschwelle abgeleitet.
Die Wahl der Disziplin bestimmt die Profession und die Weltsicht des Charakters. Einschränkungen bei dieser Entscheidung gibt es nicht, allerdings erläutert ein Seitenbalken, dass einige Disziplinen für bestimmte Völker sehr untypisch sind. Auf die Talente des ersten Kreises der gewählten Disziplin sowie den ersten Satz derer Talentoptionen darf man nun 8 Rangpunkte verteilen, maximal 3 pro Talent.
Magier erhalten zusätzlich noch Punkte in Höhe ihres Perception Step, die sie für Zaubersprüche des ersten und zweiten Kreises ausgeben können.
Für Fertigkeiten stehen ebenfalls 8 Rangpunkte zur Verfügung, zusätzlich gibt es 2 Gratisränge auf Knowledge Skills, 1 Gratisrang auf einen Artisan Skill – jeder beherrscht ein Kunsthandwerk, um zu zeigen, dass er nicht dem korrumpierenden Einfluss der Schrecken anheimgefallen ist –, außerdem noch 2 Gratisränge auf Speak Language sowie 1 auf Read/Write Language.
Neben den Dingen aus einer allgemeinen Liste von Startausrüstung – wie etwa das allumfassende Adventurer’s Toolkit oder Reiseutensilien –stehen einem Charakter noch 100 Silberstücke zur Verfügung. Umfangreiche Kapitel über Waffen, Rüstungen, Talismane und mindere magische Gegenstände offerieren eine große Auswahl, dieses Geld zu investieren.
Hat man sich noch einige Gedanken über die Persönlichkeit, die Vorgeschichte und dessen Ansichten gemacht, so ist man bereit für die erste Spielsitzung.
Aufstiege – die eigene Legende
Am Ende jeder Sitzung vergibt der Spielleiter Legendenpunkte, die man frei für die Steigerung der Fähigkeiten seines Charakters ausgeben kann. Bei früh erlernten Talenten ist dies noch billiger als bei Fertigkeiten, ab Kreis 9 ist es umgekehrt. Auch kann man Talente bis maximal Rang 15 Steigern, Fertigkeiten nur bis Rang 10.
Weiterhin kann man Legendenpunkte für die kostspielige Attributssteigerung ausgeben, oder um Fäden an gefundene Artefakte zu weben.
Für den Aufstieg in den nächsten Zirkeln muss ein Charakter Mindestanforderungen bei den Rängen seiner Talente erfüllen, ansonsten steht der Zeitpunkt frei. So ist es also sowohl legitim, die eigenen Talente gleichmäßig zu erhöhen und mit einem neuen Kreis zu warten, als auch einige wenige Talente möglichst schnell auf den Mindestwert zu bringen, um mit dem Kreisaufstieg neue Optionen zu eröffnen.
Änderungen der Revised 3rd Edition
FASA Games hat schon selbst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich für Besitzer des ursprünglichen 3rd Edition Player’s Guide die Anschaffung der Revised Edition nicht lohnt. Viele Änderungen betreffen auch nur leichte Anpassungen in Werten wie etwa Reichweiten, Zielwerten für Proben oder leichte Umstellungen bei den Talenten bestimmter Disziplinen.
Sehr angenehm fallen die Änderungen der Ergebnisgrade bei Proben auf: War dies zuvor eine umfangreiche Tabelle, die zu jedem Zielwert das nötige Wurfergebnis für gute oder herausragende Erfolge aufgeführt hat, so hat man diesem Zahlenwust nun endlich durch eine schlichte Formel mit Multiplikatoren von 0,5 bis 2,5 (stets aufgerundet) zugewiesen. Die tabellarische Übersicht ist zur Referenz weiterhin vorhanden.
Einige Umstellungen betreffen auch die Struktur des Buchs. So wurde das Teilkapitel über Aufstiege direkt hinter die Charaktererschaffung gesetzt, wo es in meinen Augen auch leichter aufzufinden ist. Auch wurde das Kapitel über die Passionen – ein grobes Äquivalent von Göttern – aus dem Player’s Companion in diesen Band verschoben.
Die auffälligste Änderung allerdings ist die Reduktion der verfügbaren Zaubersprüche. Die Revised 3rd Edition beschränkt sich vor allem auf die Listen der 1st Edition und beinhaltet Verweise auf die zukünftigen Publikationen Adept’s Way und Magic: A Manual of Mystic Secrets – Material, das in den ursprünglichen 3rd Edition Player’s Guide bereits integriert worden war.
Eine detaillierte Liste aller Änderungen hat Morgan Weeks auf seinem Blog Panda Gaming Grove (Klick) zusammengetragen.
Spielbarkeit aus Spielleitersicht
Der Player’s Guide enthält zwar schon die auch für den Spielleiter wichtige Punkte wie die Grundregeln oder die grobe Beschreibung des Settings.
Die wirklich relevanten Kapitel wie Fallen, Kreaturen, Schrecken oder die ausführliche Beschreibung der Provinz Barsaive finden sich allerdings im für Q2/2013 angekündigten Revised 3rd Edition Gamemaster’s Guide, deshalb geht dieser Punkt auch nicht in die abschließende Endwertung ein.
Spielbarkeit aus Spielersicht
Das Player’s Handbook bietet auch in der Revised 3rd Edition einen hervorragenden Einstieg in Earthdawn und die Provinz Barsaive. Das System bietet mit der Vielzahl an Disziplinen, Talenten und Fertigkeiten gute Möglichkeiten, seinen Charakter zu individualisieren. Diese detaillierten Auflistungen können aber eben auch nicht verbergen, dass es aus den frühen 90er Jahren stammt; auch empfehle ich kurze Notizen, wie denn genau diese diversen Sonderfähigkeiten genau einzusetzen sind.
Mag die klobige Zuordnung der Step-Werte in die zu verwendenden Würfel oder die Umrechnung der Ergebnisgrade eine kleine Einstiegshürde darstellen, so erweisen sich die Mechanismen im eigentlichen Spielfluss doch als sauber und zügig. Die stimmige Einbindung in die großartige Spielwelt trägt dazu ebenfalls beträchtlich bei.
Das Fehlen der hochstufigeren Inhalte von Kreis 8 bis 15, die wohl im Revised Player’s Companion nachgereicht werden, schränkt die Spielbarkeit für Neueinsteiger nicht ein, mag für Earthdawn-Veteranen aber einen schalen Beigeschmack haben.
Preis-/Leistungsverhältnis
Der Preis für das pdf von USD 29,99, derzeit (März 2013) sogar reduziert auf USD 17,99, entspricht ungefähr dem, was man derzeit für die digitale Fassung umfangreicher Grundregelwerke bezahlt. Für den nicht vergünstigten Preis würde ich persönlich allerdings eher mit der Softcoverfassung für den gleichen Preis liebäugeln.
Alternativ ist auf DriveThruRPG immer noch die ursprüngliche Fassung der 3rd Edition für 23,99 statt USD 39,95 erhältlich; vielleicht findet man mit Glück auch noch ein Restexemplar des Hardcovers. Für diese Entscheidung mag aber jeder besser den Abschnitt über die Unterschiede zwischen diesen beiden Ausgaben nach seinen Präferenzen abwägen.
Fazit
Earthdawn ist auch zwanzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung eines der stimmungsvollsten und inspirierendsten Rollenspielsettings, die das Fantasygenre zu bieten hat. Das Regelsystem gehört zwar nicht zu den schlankesten auf diesem Markt, erweist sich aber in der Praxis als zügig und problemlos spielbar und gibt den einzelnen Charakteren genug Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung.
Der Player’s Guide bleibt auch in der Revised 3rd Edition ein guter und umfangreicher Einstieg in die Welt der von den Schrecken heimgesuchten Provinz Barsaive, auch wenn die optische Aufmachung einiges mehr hätte hermachen können.
Unsere Bewertung
Erscheinungsbild 2/5 Zweckmässig, aber leider auch nicht viel mehr.
Spielwelt 5/5 Eine der stimmungsvollsten und inspirierendsten Rollenspielwelten überhaupt.
Regeln 3,5/5 Ein etwas klobiges System mit Steps und Zielwerten, das aber mit wenigen Notizen flüssig funktioniert.
Charaktererschaffung 4/5 Umfangreiche Möglichkeiten, die etwas Einarbeitungszeit abverlangen.
Spielbarkeit aus Spielleitersicht - (Nicht gewertet, da die spielleiterrelevanten Informationen in einem eigenen Band erscheinen.)
Spielbarkeit aus Spielersicht 3,5/5 Nach kurzer Eingewöhnungszeit in das eigenwillige Step-System spielt sich Earthdawn sehr flüssig. Die Verlagerung der hochstufigen Inhalte ist nicht tragisch, mag aber manche vergrätzen.
Preis-/Leistungsverhältnis 4/5 Ein sehr umfangreicher Band, dessen Preis mit ähnlichen Produkten vergleichbar ist.
Gesamt 4/5 Earthdawn bleibt in jeder Fassung eine Perle des Hobbys, dem auch ein zwanzig Jahre altes System und spröde Optik nur wenig anhaben können.
|