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Die Indie-Spieleschmiede Storyweaver startet mit Hael den Versuch eines Fantasy-Science Fiction Mixes, welcher in einer verkehrten Welt, in der die Daeorcs und Yaena das Sagen haben und die Menschen in der Wildnis um ihr Überleben kämpfen. Wird die Ankunft fremder Wesen aus dem Weltall die politische Situation von Hael verändern?
Erscheinungsbild
Der erste Eindruck des Buches, das uns als iPad-optimierte PDF vorliegt, ist durchaus gut, ein 10.1 Zoll Tablet bzw. ein Monitor wird allerdings zur Betrachtung empfohlen.
Knappe 160 Seiten stark präsentiert sich Hael dem Leser als ein durchwachsenes Produkt: Während der Text normalerweise sehr gut lesbar ist und die gewählten Schriften durchweg gut zu lesen sind, sind insbesondere die Seitenbalken mit zusätzlichen Informationen zuweilen mit einer Hintergrundgestaltung und Schriftsatz gesegnet, der die Lesbarkeit deutlich heruntersetzt und den Lesespaß deutlich dämpft.
Ähnlich verhält es sich mit den Illustrationen: Die Qualität der Abbildungen sind zwar in der Regel gut bis sehr gut, sind aber leider nicht aufeinander abgestimmt und ergeben daher im Gesamten mehr den Eindruck einer Flickschusterei als ein Werk mit einem gemeinsamen Rahmen.
A propos Rahmen – auf einer Seite wurde dieser bei einer Abbildung nicht entfernt und liegt fast über der kompletten Seite – leider auch teilweise über dem abgedruckten Text, was die Seite mehr zu einem Ratespiel als zu einer Informationsquelle macht.
Die mediale Umsetzung ist im Ansatz erkennbar: Das Inhaltsverzeichnis und der Index sind mit Links versehen, die einen schnellen Zugriff versprechen. Storyweaver hat sogar auf jeder Seite einen schnellen Wechsel der Kapitel über 5 Piktogramme vorgesehen, was für mich eine echte Innovation war.
Allerdings krankt es hier noch an Kinderkrankheiten, wie zum Beispiel, dass im Index nur die Seitenzahlen und nicht der dazugehörende Text verlinkt sind, oder dass die Piktogramme für die Charaktererschaffung oder das Bestiarium hinterlegt sind, ich mir aber mit einem von Hand gesetzten Lesezeichen auf das Inhaltsverzeichnis oder den Index behelfen muss.
Inhalt
Kurz zusammengefasst handelt es sich um eine Fantasywelt, die irgendwie verkehrt herum läuft: Während die Menschen, Halblinge und Kirene (vierarmige, Elfen nicht unähnliche Wesen) durch die Unzuverlässigkeit der Menschen kein vernünftiges Bündnis auf die Beine stellen konnten, haben dies in dieser Welt die Orks und Gnolle übernommen und die restlichen Völker in die Steinzeit zurückgeprügelt.
Ein paar hundert Jahre später stehen wir hier hochentwickelten Orks, sogenannten Daeorcs und den künstlerisch begabten Yaena, den Nachfahren der Gnolle, gegenüber, während die restlichen Völker eher als Unterrassen in der Wildnis ihr Dasein fristen müssen.
Abgesehen von einigen Raubzügen der wilden Rassen geht es aber sehr ruhig zu. Bis zu dem Zeitpunkt, als die Besucher aus dem All kommen: Die Fremden, die sich gut mit den Daeorcs verstehen und auf einer psionischen Welle mit den Menschen liegen, sowie die Nuclarine, erbitterte Feinde der Fremden mit überlegener Feuerkraft und mit den Yaena verbündet, welche die Nuclarine mit tausenden Sklaven, zumeist Angehörige der wilden Rassen, versorgen.
Alles sieht so aus, als würde das neue Zeitalter einen Krieg zwischen der Domäne der Orks und dem Imperium der Yaena mit sich bringen. Die Geschichte, die hinter dieser Welt steht ist sehr schön erklärt und deutet auch ein gewisses Potential an, verpasst es jedoch den Leser wirklich zu fesseln. Es bleibt bei einem „Fantasy meets Science Fiction“ Mix.
Der Aufbau des Buches folgt dem üblichen Settingbuch: Von der Charaktererschaffung über dem Leben auf Hael zum mit 14 Seiten sehr übersichtlich ausgefallenen Spielleiterbereich, der noch einige Plotideen enthält.
Positiv hervorheben kann man an dieser Stelle unbedingt den Abschnitt über Geschichte und insbesondere der Kulturen von Hael: Jede Rasse hat ihre Besonderheiten, welche sie von den anderen abgrenzt: Die wilden und psionisch begabten Menschen, die Druiden der Kirene, die sich der Blutmagie verschrieben haben, den hexenden Orks, dem Reitervolk der Halblinge und den künstlerisch bewanderten Yaena, die neben der Hyänenzucht auch die besten Geschichtenerzähler und Kampfsportler hervorbringen.
Ungewöhnlich für Savage Worlds ist auch die Ausgestaltung der Charaktere durch freie Kulturfertigkeiten, welche dem Spieler helfen sollen, den Charakter noch mehr nach der eigenen Vorstellung zu formen. Ein Relikt aus der Entstehungszeit, in der das Spiel noch für d20 geschrieben wurde.
Der späte Wechsel zu Savage Worlds ist leider überall zu spüren. Man hat den Eindruck als hätte man die bereits für d20 entwickelten Fertigkeiten und Handicaps direkt zu Savage Worlds übernommen, woran das Setting letztendlich auch krankt.
Viele Fertigkeiten, Handicaps oder Kräfte, ja, sogar einzelne Fähigkeiten wirken unpassend und deplatziert und unterstreichen somit den Eindruck eines Flickwerks. Scheinbar ist es auch mit der Regelfestigkeit des Autors nicht zu weit her, im Verlauf stößt man immer wieder auf Verweise zu den Originalregeln die in dem Kontext falsch dargestellt werden.
Preis-/Leistungsverhältnis
Knapp 16 Dollar sind grundsätzlich für ein eigenes Setting eher am unteren Rand der Preisskala angesetzt, daher ist der Preis im Großen und Ganzen für den Inhalt den man erhält in Ordnung. Ob einem das, was man erhält auch zusagt, steht auf einem anderen Blatt.
Fazit
Trotz einer interessanten Grundvorstellung der wilden Menschen und kultivierten Orks schafft es Hael nicht, mich zu überzeugen. Die Geschichte wird mit der Ankunft der Außerirdischen ziemlich abstrus. Ich hätte es besser gefunden wenn man sich stattdessen mehr auf die Konflikte unterhalb der Rassen konzentriert hätte.
Unsere Bewertung
Erscheinungsbild 2/5 Schlampige Illustrationsauswahl und schlecht lesbare Zusatzinformationen zerstören den an sich guten Eindruck.
Inhalt 3/5 Solide, aber blasse Fantasywelt. Sci-Fi-Elemente unnötig. Schlechte Regelintegration
Preis-/Leistungsverhältnis 3/5 Für einen Settingband in Ordnung
Gesamt 2/5 Als Weltenband ganz nett, für längerfristige Kampagnen sind die Informationen alles in allem zu dünn. Genre-Mix nicht jedermanns Sache.
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